God Man Dog

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Die taiwanesische Filmregisseurin Singing Chen hat nicht nur einen klingenden Namen sondern mit God Man Dog auch einen überaus ansprechenden – und anspruchsvollen – Film gedreht, der nicht nur im asiatischen Kino viele Liebhaber gewinnen dürfte.
Taiwan mit seiner Hauptstadt Taipei ist ein Melting Point von Tradition und Moderne. Das spüren und vermitteln auch die sechs Protagonisten in dem Drama God Man Dog. Zum einen ist da Ching (Tarcy Su, eine der populärsten Musikerinnen Taiwans), die sich als Model ihr Geld verdient. Aber nicht der ganze Körper ist dabei etwa im Visier der Fotografen, sondern lediglich ihre Hände. Sie ist verheiratet mit dem berufsorientierten und karrierebewussten A Xiong (Chang Han), von dem sie kürzlich ein Kind bekommen hat. Eigentlich könnte der kleinen Familie an nichts mangeln, denn Geld und Wohlstand sind im Überfluss vorhanden. Allerdings leidet Ching an einer postnatalen Depression, die sie einerseits hindert, das Kind wirklich zu lieben, andererseits auch zu ihrem Ehemann keinerlei Gefühle mehr aufbringen lässt. Das Drama spitzt sich zu, als das Baby an plötzlichem Kindstod stirbt und jeder für sich nach einem Schuldigen sucht. Zeitgleich wird eine Familie aus der Nachbarschaft porträtiert: Biung (Ulau Ugan) ist Alkoholiker, versucht immer wieder – vor allem durch Gottgläubigkeit – von dem Stoff loszukommen, aber es will ihm einfach nicht glücken. Zwar hält seine Frau immer noch zu ihm, aber sie merkt, dass sie ihm nicht weiterhelfen kann und konzentriert sich ganz darauf, bei Preisausschreiben mitzumachen. Seine Tochter Savi (Hsiao-han Tu) ist da konsequenter, denn sie hat schon lange den Kontakt zu ihm abgebrochen und verdingt sich als Kickboxerin. Ihre Mitbewohnerin Mei (Ka-yi Mo) arbeitet als Model und überredet schließlich Savi dazu, Männer, die gegen Bezahlung ausgepeitscht werden wollen, auszurauben. Und dann gibt es da noch den liebenswerten Niu Jiao (Jack Kao), der beinamputiert ist (durch moderne Computer-Technik ist dies sehr glaubwürdig dargestellt) und mehr oder weniger als einziger dieser Figuren eine Gottesruhe in sich trägt. Kann er auch, denn schließlich rettet er weggeworfene Götterskulpturen und streunende Hunde. Eines Tages rettet er nicht nur eine dieser beiden Kategorien, sondern auch noch den Teenager Xian (Jonathan Chang), der obdachlos ist und sich mit Wettessen und kleineren Diebstählen über Wasser hält.

Was vielleicht etwas verwirrend klingt, ist in Wahrheit ein wundervolles Porträt von den Sorgen und Nöten ganz normaler Menschen. Singing Chen erzählt eine großartige Geschichte von Hoffnung und Verzweiflung, von Liebe und Hass, von Armut und Reichtum. Jede einzelne Figur in diesem Film bietet unglaublich viel Eigenleben, so dass man als Zuschauer immer in der Bredouille ist, für wen man denn nun Partei ergreifen soll. Ching, die in ihrer Depression und durch den Kindstod natürlich zu bedauern ist, eröffnet gleichzeitig ärgerliche Gefühle, denn sie behandelt ihren Ehemann mit derartiger Kälte und Abweisung, dass man viele seiner Reaktionen nur all zu gut nachvollziehen kann. Auch der verzweifelte aber aussichtslose Kampf von Biung gegen den Alkohol wird mehr als überzeugend dargestellt, und man kann dem Mann keinen wirklichen Vorwurf machen, da man ihn immer wieder in seinen Zweikämpfen mit der Droge ganz intim beobachtet. Das ist etwas, was seine Ehefrau nicht sehen, folglich nicht nachempfinden kann und deshalb in der Lethargie und im Preisrätselfieber verharrt.

Welche der Figuren auch immer, so hat die Regisseurin Singing Chen nicht nur ein wundervolles Porträt von Taiwan gezeichnet, sondern auch ein Psychogramm einer Gesellschaft, die trotz anderer Traditionen gar nicht weit entfernt von der deutschen ist. Auch filmisch und dramatisch hat sich Singing Chen sehr an das europäische Kino angelehnt, hat vor allem mit dem quirligen Duo Savi und Mei, die ihre SM-Kunden ausrauben, einen unglaublich witzigen Plot hineingebracht, der hilft, die doch vielfach schwer verdauliche Thematik zu vermitteln. Großartiges Kino, das bereits auf einigen Filmfestivals ausgezeichnet wurde und das sowohl Vergnügen als auch Nachdenklichkeit erzeugt. Und nicht zuletzt erzählt God Man Dog viel von den Zufälligkeiten und schicksalhaften Begegnungen des menschlichen Lebens.

God Man Dog

Die taiwanesische Filmregisseurin Singing Chen hat nicht nur einen klingenden Namen sondern mit God Man Dog auch einen überaus ansprechenden – und anspruchsvollen – Film gedreht, der nicht nur im asiatischen Kino viele Liebhaber gewinnen dürfte.
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