Go Go Tales

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 5. Januar 2015, ARTE, 22:10 Uhr

Nachdem er auf einigen internationalen Filmfestivals gezeigt wurde, startete im vergangenen Herbst Abel Ferraras neuester Film Pasolini auch in den Kinos, wobei es hierzulande bislang jedoch noch keinen Starttermin für dieses auf den letzten Tag im Leben des legendären italienischen Filmemachers konzentriertes, schwergängiges Biopic gibt. Dass dieser in der Bronx aufgewachsene US-amerikanische Regisseur keine leicht verdauliche Kinokost produziert, sondern mit durchaus Aufsehen erregenden, mehrfach ausgezeichneten Filmen wie Bad Lieutenant (1992), Das Begräbnis / The Funeral (1996) und Mary (2005) eher unwegsame Stoffe für spezielle Fans realisiert, zeigt auch seine heiter-melancholische Satire Go Go Tales aus dem Jahre 2007.
Aufgrund von rechtlichen Turbulenzen verschwand die stilisierte Revue über einen Nachtclub am Rande des Niedergangs nach ihrer Premiere bei den Filmfestspielen von Cannes und der Aufführung bei weiteren Filmfestivals zunächst überwiegend von der großen Leinwand, erschien erst 2012 in den französischen Kinos und wird nun anlässlich des Kinostarts von Pasolini in Frankreich von ARTE präsentiert.

Der Nachtclub Ray Ruby’s Paradise in Downtown Manhattan ist Lebenswerk und -inhalt des exaltierten Geschäftsmannes Ray Ruby (Willem Dafoe), der sich nun ernsthafte Sorgen um sein geliebtes Etablissement machen muss, das so einigen ein Dorn im Auge ist und gerade zusätzlich in derart schlimmen finanziellen Schwierigkeiten steckt, dass die Gagen der Gogo-Girls unbezahlt bleiben, diese auf die Barrikaden steigen und sogar mit Streik drohen, was die ohnehin desolate Lage noch zuspitzt. Als passionierter Spieler, den die langjährige Erfahrung noch nicht gelehrt hat, sein Glück anzuzweifeln, beabsichtigt der nun auch noch von seinem Bruder Johnie (Matthew Modine) im Stich gelassene Ray, seinen Laden durch einen Lotteriegewinn zu retten und investiert seine letzten Mittel in etliche entsprechende Lose, die einen Jackpot von 18 Millionen Dollar verheißen. Erstaunlicherweise geht diese gewagte Kalkulation tatsächlich auf und Ray ist glücklicher Besitzer des Scheins mit den dieses immense Vermögen garantierenden Zahlen, doch nun gerät der geplagte Manager erst so richtig ins Schwitzen, denn das Gewinnerlos ist tragischerweise unauffindbar …

Mit ganz wunderbar gemeinsam agierenden Schauspielern wie Willem Dafoe, Bob Hoskins, Matthew Modine und hier enorm erotisch aufgeladenen Darstellerinnen wie Asia Argento, Stefania Rocca und Anita Pallenberg beschwört Abel Ferrara mit sichtlich enthusiastischer Widerborstigkeit das versinkende Idyll eines verruchten Ortes für eine kleine Gesellschaft skurriler Typen herauf, die sich mächtig ins Zeug legt und gegen alle Widerstände aufbäumt, um ihre eingeschworene Show als Lebenselexier gewisser New Yorker Nächte zu erhalten, so dass dem letztlich wohl unvermeidlichen Untergang einer strahlenden Ära zumindest die Würde eines erhabenen Finales anhaftet. Inspiriert durch John Cassavetes Mord an einem chinesischen Buchmacher / The Killing of a Chinese Bookie von 1976 zeigt sich Abel Ferrara mit Go Go Tales von einer ungewohnt verspielten, detailfreudigen Seite mit aufwändiger Ausstattung und reichlich Reizen auch schräger Natur für die sensiblen Sinne, wobei er sich im Grunde wenig um die schlichte Geschichte schert, sondern den Fokus auf die besonderen Feierstunden „seines“ Clubs legt, der als Symbol einer ungezähmten, untergehenden Zuflucht für Underdogs erscheint.

Go Go Tales

Nachdem er auf einigen internationalen Filmfestivals gezeigt wurde, startete im vergangenen Herbst Abel Ferraras neuester Film „Pasolini“ auch in den Kinos, wobei es hierzulande bislang jedoch noch keinen Starttermin für dieses auf den letzten Tag im Leben des legendären italienischen Filmemachers konzentriertes, schwergängiges Biopic gibt.
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