Gamer (2009)

Eine Filmkritik von Renatus Töpke

Vor wenigen Jahren machte das Regiedoppel Neveldine/Taylor mit dem extrem schnellen und extrem abgedrehten Highspeed-Actioner Crank auf sich aufmerksam. Die beiden Filmemacher schufen aus dem Stegreif einen Kultfilm, dem sie zwei Jahre später mit Crank 2: High Voltage gleich noch einen drauf setzten. Doch so schnell, wie sie einen Kultfilm schufen, überholten sie sich mit dem Konzept zum zweiten Teil: Schneller, abgedrehter, nerviger war die Devise und viel Copy-Paste. Das Konzept der abgedrehten Comic-Action mit viel Krachbumm geht nun in die nächste Runde. Gamer ist der Titel und hat sich Second Life – ähnlich Surrogates – und Egoshootern wie Counterstrike zum Thema gemacht. Die Idee ist gut, die Umsetzung konsequent hart und visuell überbordent, aber auch sehr anstrengend und fordernd. Und obwohl Gamer gerade mal (zum Glück) 90 Minuten dauert, schwer durchzuhalten.

In der Welt von Morgen beherrscht ein Mann – zumindest das soziale — Leben der Massen: Ken Castle (Michael C. Hall, Dexter). Der Milliardär hat die Spiele Society (eine Art Die Sims, nur mit echten „gemieteten“ Menschen) und Slayers (ein Egoshooter, in dem man echte Menschen aufeinander hetzt) erfunden. Zig Millionen Menschen leben nur noch in diesen Welten, in denen sie Avatare mittels Nanotechnologie von zu Hause steuern. Im Falle Society sind das Menschen, die sich für Geld lenken lassen, bei Slayers Sträflinge, die nach 30 Runden eine Begnadigung erhalten sollen. Überlebt hat das im Falle Slayers noch keiner. Nur Kable (Gerard Butler, 300, Gesetz der Rache) hat es bisher geschafft 27 Runden zu überleben. Doch das System Castle birgt noch mehr unmenschliches und größenwahnsinniges… Einzigen wirklichen Widerstand bilden die abtrünnigen Humanz, die die Bevölkerung aus dem Untergrund aufwecken wollen. Und sie brauchen ihrerseits Kable. Dem ermöglichen sie die Flucht aus der Slayers-Arena und lassen ihn auf Castle los…

Das deutsche Plakat war eine der größten optischen Sünden der hiesigen Verleihbranche. Ein schlecht ausgeschnittener Gerard Butler vor knalligem Orange! Wer segnet so etwas ab? Praktikanten? Schimpansen? Das deutsche DVD-Cover bedient sich dankenswerterweise beim amerikanischen Original und macht sich besonders auf der Steelbook-Edition sehr gut. Gamer selbst ist ähnlich Crank 1 und 2: High Voltage eine Hochgeschwingkeits-Hatz, ja eine Übersteigerung, ein Stakkato-Schnittgewitter von einer Splatter-Einlage zur nächsten, durch die grellen Untiefen einer neonstrahlenden Popkultur. Wenn Kable eine Flasche Wodka auf ex leert, um kurz darauf mit seinem Erbrochenen einen Wagen zum laufen zu bringen, oder wenn unvermittelt eine bizarr-schräge Musical-Einlage den gehetzten, nihilistischen Tonfall des Films aufbricht, ist man erst irritiert und fragt sich „Das machen die jetzt nicht wirklich?“ Die innere Logik von Gamer ist dann auch ähnlich der von Death Race angelegt. Töte jeden und rase um dein Leben. Und dieses Rasen und Töten wird extremst überstilisiert. Der ständige Wackel-Kamera-Einsatz plus diverser Effekte – allen voran der Shutter, den die meisten aus der ersten halben Stunde von Der Soldat James Ryan kennen dürften – erweist sich mit zusätzlichen Verfremdungen und Beschleunigungen als äußerst anstrengend und ist Menschen, die zu Seekrankheit neigen und Epileptikern nicht zu empfehlen.

Ist Gamer nun ein guter Film? Gute Frage, denn die Story ist hauchdünn, die Charaktere sind oberflächliche Abziehbilder und Motivationen werden entweder herbei geredet oder sind nicht wirklich zu erkennen. Und auch das Ende ist dann in seiner Süßlichkeit und rosaroten Abgedroschenheit fast schon zuviel. Aber seis drum, und nach all dem Gemetzel und Zerfetzen der vorangegangenen 80 Minuten wohl der einzig wahre Ausweg. Das Prinzip des Mash-up Overkills von Neveldine/Taylor war schon bei Crank 2: High Voltage überstrapaziert. Gamer ist nun eine 15 Millionen Dollar Variation. Aber zugegeben, eine ziemlich geile.
 

Gamer (2009)

Vor wenigen Jahren machte das Regiedoppel Neveldine/Taylor mit dem extrem schnellen und extrem abgedrehten Highspeed Actioner „Crank“ auf sich aufmerksam. Die beiden Filmemacher schufen aus dem Stegreif einen Kultfilm, dem sie zwei Jahre später mit „Crank 2: High Voltage“ gleich noch einen drauf setzten.

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