Gainsbourg - Der Mann, der die Frauen liebte (2010)

Eine Filmkritik von Annette Walter

Das skandalöse Leben eines Sangeshelden

Ambitionierte Filme wie Control (2007) von Anton Corbijn und I’m Not There (2007) von Todd Haynes haben in den letzten Jahren Maßstäbe gesetzt, was die Verfilmung von Musikerbiographien anbelangt. Beide Regisseure erlaubten sich künstlerische Freiheiten. Sie verzichteten darauf, das Leben von Joy-Division-Sänger Ian Curtis und Bob Dylan chronologisch-uninspiriert abzuklappern. Die Filme sind keine Look-Alike-Contests, sondern eigenständige künstlerische Werke. Der Film über Serge Gainsbourg darf durchaus in einer Reihe mit Control und I’m Not There gesehen werden.

Es ist ein schwieriges Unterfangen, Frankreichs popkulturelle Nationalikone darzustellen. Das Porträt einer solch schillernden Person wie Gainsbourg kann schnell misslingen. Sfars Annäherung ist glücklicherweise vielschichtig. Ursprünglich Comiczeichner, hat Sfar seine Profession in diese Filmbiografie einfließen lassen. Gainsbourg wird im Film ein Alter Ego in Form einer animierten Comicfigur an die Seite gestellt. Sie spiegelt seine jüdische, angsterfüllte, von Selbstzweifeln gepeinigte Identität wider: die Ohren abstehend, die Nase kantig und groß, zu dünn, um als viriler Macho zu gelten, eine Karikatur seiner selbst.

Der Film deckt Gainsbourgs Leben von seiner Kindheit bis zu den letzten Auftritten ab und erzählt von seiner jüdischen Familie, seinen künstlerischen Anfängen als Barpianist und Maler, von seinem Durchbruch als gefeiert Musiker, von seinen Frauenbeziehungen — Juliette Gréco, Brigitte Bardot (gelungen: Laetitia Casta), Jane Birkin (blass: Lucy Gordon), Bambou, seine letzte Lebensgefährtin.

Sfar setzt eigene Akzente. Der Regisseur bestimmt, welchen Episoden er mehr Raum gewährt. Beeindruckend ist die Art und Weise, wie sich der Film mit der Kindheit und Jugend Gainsbourgs befasst. Diese Darstellung ermöglicht dem Zuschauer ein tieferes Verständnis für den späteren Gainsbourg. Kacey Mottet Klein spielt den Jungen Serge hervorragend. Die Darstellung zitiert zu Klassikern gewordene Kinderfiguren des französischen Kinos. Antoine Doinel in Truffauts Les quatre cents coups und Julien Quentin und Jean Bonnet in Malles Au revoir les enfants drängen sich beim Betrachten dieses Films geradezu auf.

Hauptdarsteller Eric Elmosnino gibt einen verschmitzt-authentischen Gainsbourg und wirkt so, als wäre er manchmal selbst überrascht von dem, was ihm widerfährt. Ihm fehlt an manchen Stellen ein wenig vom Schmutz und der Verwegenheit des von ihm dargestellten Künstlers. Nuancen der Faszination, die Gainsbourg ausstrahlte, fängt der Film ein, erschöpfend darstellen kann er sie (womöglich auch aufgrund des episodenhaften Aufbaus des Films) nicht. Dennoch erschließt sich die Magie, die von Gainsbourg und seiner Musik ausging, auch jenen Zuschauern, die vor dem Kinobesuch nicht allzu viel über den Skandalbarden aus Frankreich wussten.
 

Gainsbourg - Der Mann, der die Frauen liebte (2010)

Ambitionierte Filme wie „Control“ (2007) von Anton Corbijn und „I’m Not There“ (2007) von Todd Haynes haben in den letzten Jahren Maßstäbe gesetzt, was die Verfilmung von Musikerbiographien anbelangt. Beide Regisseure erlaubten sich künstlerische Freiheiten. Sie verzichteten darauf, das Leben von Joy-Division-Sänger Ian Curtis und Bob Dylan chronologisch-uninspiriert abzuklappern. Die Filme sind keine Look-Alike-Contests, sondern eigenständige künstlerische Werke.

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Meinungen

Peter · 14.10.2010

Ich habe Gainsbourg noch nicht gesehen, aber ich gehe morgen hin - oder vielleicht schon heute Abend. Mal schauen...