Free State of Jones (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Rebel With a Cause

Free State of Jones war eine Herzensangelegenheit für Gary Ross. Das Bürgerkriegsepos des Tribute von Panem-Regisseurs ist wie gemacht für Matthew McConaughey. Der fügt seiner Sammlung beachtlicher Südstaatler mit der Figur des Newton Knight einen charismatischen Rebellen hinzu.
Oktober 1862, Corinth, Mississippi. Soldaten der Konföderierten marschieren über gefallene Kameraden ihrem Feind entgegen. Nur kurz verweilt der Film im Kampfgetümmel, heftet sich alsbald an die Fersen des Sanitäters Newton Knight (Matthew McConaughey), der einen Verwundeten ins Lazarett schleift. Zwischen blutigen Planken, verrosteten Sägen und amputierten Gliedmaßen zieht Knight ihm kurzerhand den Waffenrock eines Ranghöheren über. Die unorthodoxe Beförderung bringt den Schwerverletzten umgehend auf den Operationstisch und macht dem Publikum klar, wie der Protagonist tickt.

Von Hierarchien hält Newton Knight wenig. Für ihn sind alle Geschöpfe Gottes gleich. Und was einer mit seinen eigenen Händen gesät hat, das soll er auch ernten. Dem Treiben der Armee, die die Farmen plündert, Lebensmittel und Vieh konfisziert, sieht Knight nicht lange zu. Auch wenn er dafür seine Ehe mit Serena (Keri Russell) aufs Spiel setzt. Später wird sie zu ihm zurückkehren und mit Knight und dessen zweiter Frau, der ehemaligen Sklavin Rachel (Gugu Mbatha-Raw), eine unorthodoxe Patchworkfamilie bilden. Vor alledem entfernt sich Knight unerlaubt von der Truppe, versteckt sich in den Sümpfen und erhebt sich schließlich gemeinsam mit anderen Deserteuren und geflohenen Sklaven gegen die Konföderierten. Aus Strauchdieben und Wegelagerern, deren Leben immer ein wenig an Robin Hood erinnert, werden politische Rebellen, die ihre Unabhängigkeit erklären. Bis der Krieg zu Ende geht, haben sie Nord- wie Südstaaten gegen sich.

Regisseur und Drehbuchautor Gary Ross erzählt in Free State of Jones ein vergessenes Kapitel des Sezessionskriegs. In einem Interview im Bonusmaterial der Disk gibt er einen kurzen Einblick in die jahrelange Recherche. Diese Akribie, der Wille, alles möglichst korrekt wiederzugeben, lähmt die Dramaturgie ein wenig. Es ist ein gemächliches Erzählen in Ellipsen, das weit über das Kriegsende hinausreicht. Eine knappe Parallelhandlung schlägt einen Bogen ins 20. Jahrhundert. Erklärende Texttafeln und Originalfotografien markieren die Übergänge zwischen historischen Wendepunkten. Damit könnte Ross kaum weiter von Die Tribute von Panem – The Hunger Games (2012) entfernt sein. Unvergessliche Schauwerte gelingen dem Filmemacher aber auch in seinem Historiendrama, wenn etwa eine Trauergemeinde die Konföderierten auf einem Friedhof in einen Hinterhalt lockt.

An den US-amerikanischen Kinokassen ist Free State of Jones gefloppt, hat nicht einmal die Hälfte seines Budgets wieder eingespielt. Bei der Kritik musste sich Ross zudem den Vorwurf gefallen lassen, ein weiteres Mal den Topos des white saviour, des weißen Erlösers, zu bedienen. Natürlich hätte der Regisseur die Geschichte auch aus der Sicht eines Sklaven wie Newton Knights Mitstreiter Moses Washington (Mahershala Ali) erzählen können. Matthew McConaugheys Figur lässt sich dennoch nicht so einfach auf den messianischen Heilsbringer reduzieren. (Allein schon, weil sie am Ende scheitert.) Knight stammt aus einer armen Familie, die keine Sklaven besitzt. Der Kampf der reichen Plantagenbesitzer war nie seiner. Dieser Rebell ist kein reuiger Sünder, der sein eigenes Gewissen und stellvertretend das der (weißen) Zuschauer beruhigen muss. Die Forderung nach Gleichberechtigung ist vielmehr einer tiefen, im Grunde frühsozialistischen Überzeugung geschuldet. In Gary Ross‘ Version sieht Newton Knight keine Hautfarbe, nur den Menschen darunter – und ist damit vielen seiner Nachfahren weit voraus.

Free State of Jones (Blu-ray)

„Free State of Jones“ war eine Herzensangelegenheit für Gary Ross. Das Bürgerkriegsepos des „Tribute von Panem“-Regisseurs ist wie gemacht für Matthew McConaughey. Der fügt seiner Sammlung beachtlicher Südstaatler mit der Figur des Newton Knight einen charismatischen Rebellen hinzu.
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