Francis Bacon – Form und Exzess

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Vom Reiz des Extremen

Es ist ein Trend, der in den 1980er Jahren die Kinoleinwände beinahe einer Invasion gleich bevölkerte und bis heute kräftig vertreten ist: die so genannten Biographical pictures, kurz Biopics. Auch wenn dieses Genre bereits eine mehr als hundertjährige Tradition aufweist, sind biographische Spielfilme, Dokumentationen oder Porträts ungewöhnlicher Persönlichkeiten erst in diesen Zeiten vielfach ausgezeichnete und populäre Filme geworden, gerade weil es diesem Medium wie keinem anderen gelingen kann, den Menschen und seine persönliche und historische Geschichte in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Werk bildhaft in einer geschlossenen Einheit zu präsentieren. Auf diese Weise ist auch Adam Lows Dokumentation Francis Bacon – Form und Exzess / Bacon´s Arena inszeniert, die sich dem künstlerischen Schaffen des extremen Künstlers von dessen Lebensweg innerhalb der Historie des 20. Jahrhunderts her nähert.
Die Bilder des Malers Francis Bacon (1909-1992) sind von der Kreatürlichkeit des Menschen beherrscht, von seiner Verderblichkeit sowie seiner Verdorbenheit, von strengen Formen umgeben. Sie zeugen von Fleischlichkeit, Begierde, Gewalt und Verfall, thematisieren das Schlachten von Tieren ebenso wie (homo)erotische Männlichkeiten, den Krieg und das Phänomen des Stierkampfs. Der britische Regisseur Adam Low, der sich geradezu auf Künstlerporträts spezialisiert hat (Visconti; Velasquez – The Painter´s Painter u.a.), setzt das Werk Bacons in Beziehung zu dessen ganz persönlicher Biographie, deren Geheimnisse sich zumindest andeutungsweise in Interviews mit seiner Schwester Ianthe Knott, seinem letzten Partner John Edwards und dem Bruder seiner einstigen Muse George Dyer enthüllen. Durch eine rasante Montage verwoben mit den destruktiven Verstörungen und soziopolitischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts entsteht auf diese Art das intensive, abgründige Porträt eines Künstlers und seines zuweilen rätselhaften Werkes, dessen gewagte Bilderfluten in ihrer mitunter rohen Gewalttätigkeit zugleich als Spiegel und Zerrbild der Epoche und ihrer Gesellschaft betrachtet werden können.

Dazu gesellt sich die eigens für diesen Film gestaltete Filmmusik des Elektro-Pop Pioniers Brian Eno, die das Ihrige leistet, den wilden Reigen um das ausschweifende Leben Francis Bacons gleichzeitig zu ergänzen und irritierend zu unterlaufen, was den zeitweilig geradezu rauschhaften Charakter der Dokumentation unterstreicht und zu einer audio-visuellen Korrespondenz mit den Bildern des Malers gerät. Ganz charmant erscheint in diesem Zusammenhang auch eine Version von „Falling In Love Again“, zauberhaft düster intoniert von Marlene Dietrich und einmal mehr ein Bruch innerhalb dieses flirrenden Soundtracks, der sich bewusst eingängigen Gefälligkeiten widersetzt; eine Haltung, die zweifellos zu Persönlichkeit und Werk von Bacon passt wie Blut zum Schlachten und Gestank zur Verwesung.

„My work is a reflection of my life!“, bekennt Bacon selbst, der den Kritikern, die eine heftige Gewalttätigkeit seines Werkes konstatieren, schlicht mit der Feststellung antwortet, dass er nicht seine Bilder als gewalttätig empfindet, sondern schlicht das Leben selbst.

Francis Bacon – Form und Exzess

Es ist ein Trend, der in den 1980er Jahren die Kinoleinwände beinahe einer Invasion gleich bevölkerte und bis heute kräftig vertreten ist: die so genannten Biographical pictures, kurz Biopics.
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