Fog of War

Die Welt des Robert S. McNamara

Was für Mensch, was für ein Leben: der heute 88jährige Robert S. McNamara, von 1960 bis 1967 Verteidigungsminister unter John F. Kennedy und Lyndon Johnson, entscheidend in den Vietnamkrieg eingebunden und später für ihn verantwortlich gemacht. Dann Mitarbeiter der Weltbank und Autor zahlreiche Bücher, in denen er sein damaliges Handeln und seine Entscheidungen rechtfertigte. Nicht nur für die 68er ein rotes Tuch, sondern auch für viele Historiker einer der zweifelhaftesten politischen Figuren der Weltgeschichte, dem man eine Hauptschuld am Tod hunderttausender Zivilisten zuschreibt.

Der Kern des Films besteht — zusammengestellt aus mehr als 20 Stunden Interviewmaterial – aus einem Gespräch zwischen Regisseur Errol Morris (hinter der Kamera) und McNamara (vor der Kamera). Es geht dabei besonders um die umfassenden und vielfältigen Kriegserlebnisse, die McNamaras Welt beeinflusst haben. Besonders der Verlauf des 2. Weltkriegs, das Entstehen des Kalten Krieges, die Kuba-Krise und eben Vietnam stehen im Mittelpunkt seiner Erinnerungen, aus denen er seine „11 Lehrsätze der Kriegsführung“ ableitet, damit „Schlimmeres“ (wie beispielsweise ein atomarer Krieg) verhindert werden konnte.

Man sieht und spürt gleich zu Beginn des Gesprächs: trotz seines fortgeschrittenen Alters ist er ein Fuchs geblieben. Die Geschichte Amerikas gesehen durch seine Brille, mit seinen Augen, so wie sie sich in seinem Kopf verquert darstellt. Oftmals brilliant argumentierend, aber auch eiskalt kalkulierend. Ein technokratischer Machtmensch, der auf alle Fragen, selbst wenn er sie nicht direkt beantwortet, eine Antwort weiß, an dem jegliche Kritik abblättert, als ginge sie ihn nichts an. Ein kluger Kopf, der mit sich selbst im reinen ist. Eine widersprüchliche Führungspersönlichkeit, die in die folgenschwersten Ereignisse des 20. Jahrhunderts verwickelt war.

Fog of War erhielt 2004 den Oscar als „Bester Dokumentarfilm“, was politisch betrachtet eine sicherlich nicht ganz unproblematische Ehrung des Films darstellt. Regisseur Errol Morris lässt McNamara frei sprechen, was gleichzeitig faszinierend aber auch gefährlich ist. Denn McNamara nützt seinen Auftritt geschickt für seine selbstmitleidige und -gefällige Zwecke, im dem er zwar vordergründig zentrale Einsichten formuliert und auch Fehler zugibt, gleichzeitig aber Dinge gekonnt verdrängt und kaltschnäuzig jegliche Verantwortlichkeit von sich weist. Seine so rübergebrachte „Verhältnissmässigkeit des Krieges“ (so sei es eben) verfehlt sein Ziel beim frappierten Zuschauer nicht; dieser könnte geneigt sein, den Krieg an sich zu relativieren, wenn er nicht über ein scharfsinniges Auge und ausreichende Intelligenz verfügt, um dieser Politikersprache zu entgehen.

Die Bedeutung des Titels geht, wie auch erklärt wird, auf eine englische Redewendung zurück. Die tatsächlichen Ereignisse im Kriege würden im Nebel verschwinden, so dass die Grundlage für verantwortliches Handeln nicht mehr gegeben sei. Eine Äußerung von McNamara, die wunderbar zu seiner eigenen Person passt, von der man sich nach Fog of War ein wenig gebrainwasht fühlt. So hätte der Film auch FOG OF MCNAMARA heissen können.

Fog of War

Was für Mensch, was für ein Leben: der heute 88jährige Robert S. McNamara, von 1960 bis 1967 Verteidigungsminister der USA, entscheidend in den Vietnamkrieg eingebunden und später für ihn verantwortlich gemacht.

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Meinungen

Gerhard · 04.03.2005

Ein brilliantes Portrait eines Machtmenschen, der auch nach Jahrzehnten nicht bereut. Die Geschichte des Vietnamkriegs wird lebendig, wenn man diesen Dokumentarfilm sieht.

Gerhard · 04.03.2005

Ein brilliantes Portrait eines Machtmenschen, der auch nach Jahrzehnten nicht bereut. Die Geschichte des Vietnamkriegs wird lebendig, wenn man diesen Dokumentarfilm sieht.