Film Noir (DVD)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine moderne Version des düsteren Genres

Ein Film Noir, der eine Hommage an eben diese Stilrichtung darstellt, die sich zu Beginn der 1940er Jahre in den USA herausbildete, auch noch so heißt und zudem als Animation inszeniert wurde, ist schon eine kühne, kuriose Kombination. Dazu gesellen sich erotische Eskapaden, farbige Tupfer im vorherrschenden düsteren Schwarz-Weiß-Grau und melancholische Jazz-Klänge, die der gelungenen Geschichte ihre höchst ambivalente Atmosphäre zwischen Spannung und Unaufgeregtheit verleihen.
Der Mann, der völlig orientierungslos neben der Leiche eines Polizisten aufwacht, ist in jeder Hinsicht in ernsthaften Schwierigkeiten: Er hat nicht nur keinerlei Erinnerung an die brutalen Geschehnisse, die sich gerade ereignet haben müssen, sondern nicht einmal die leiseste Ahnung, wer er selbst überhaupt ist. Instinktiv verlässt er zunächst rasch den verhängnisvollen Schauplatz in den Hügeln Hollywoods, um irgendwo zur Ruhe zu kommen. Doch unter der Adresse des toten Polizisten, von dessen häuslicher Abwesenheit er ja ausgehen konnte, findet er keineswegs ein leeres Haus vor, und es beginnt eine permanente Flucht, begleitet von der Suche nach der eigenen Identität und heißen Begegnungen mit nur allzu willigen Frauen. Sowohl der Privatdetektiv Sam Ruben als auch der zwielichtige David Hudson stehen anscheinend in enger Verbindung zu ihm, und auch ein geheimnisvoller Auftraggeber spielt eine große Rolle im Laufe der Ereignisse, die langsam seine aufregende Geschichte ans Licht bringen …

Film Noir spielt in der Gegenwart und beschäftigt sich neben zeitlosen Themen wie Gedächtnisverlust und Identität auch mit aktuellen Aspekten wie dem modernen Horror jener unsagbar menschenverachtenden pornographischen Variante, bei der gefilmt wird, wie das Opfer zunächst schwer misshandelt und schließlich getötet wird. Die Dramaturgie enthüllt die Geschichte nur zögerlich und ziemlich sparsam, so dass dem Zuschauer ein recht geräumiges Terrain für eigene Spekulationen bleibt, und es sind stärker die wohlig schwermütige Stimmung und die durchaus existentiellen Fragestellungen, von denen die Faszination dieses Films ausgeht, dessen coole, stilvolle Musik von Mark Keller stammt, der auch der Hauptfigur in der englischen Originalversion seine Stimme verleiht, deren haarsträubende Nuancen mitunter schon verdammt sexy klingen.

Neben dem Hauptfilm gibt es eine zusätzliche DVD mit ausführlichen Extras, die auch Fragmente der ursprünglichen 2D-Version des Films enthält, der dann doch im 3D-Format realisiert wurde. Ganz besonders unterhaltsam ist das Interview mit D. Jud Jones, der als Regisseur auch das Drehbuch zu Film Noir verfasste und bei absolut unspektakulärem Erscheinungsbild wie ein sanfter, humoriger Zyniker und Individualist wirkt, der einfach nur ein Filmemacher aus Passion sein will und sich dem traditionellen Karrierestreben verweigert, indem er jeden Film unter einem anderen Künstlernamen inszeniert und somit keine Filmographie aufweist. So werden wir also von diesem D. Jud Jones, der in Los Angeles lebt und ursprünglich aus Osteuropa stammt, nur diesen einzigen intensiven, wunderschönen Film zu sehen bekommen, doch der anonyme Geist dieses Regisseurs und Drehbuchautors wird sicherlich noch weitere Werke hervorbringen, die in ihrer unkonventionellen Art ein entzücktes Publikum finden werden.

Film Noir (DVD)

Ein Film Noir, der eine Hommage an eben diese Stilrichtung darstellt, die sich zu Beginn der 1940er Jahre in den USA herausbildete, auch noch so heißt und zudem als Animation inszeniert wurde, ist schon eine kühne, kuriose Kombination.
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