Ferdinand Hodler – Das Herz ist mein Auge

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Künstlerporträt des Schweizer Nationalmalers

Fragt man in der Schweiz nach dem einheimischen Maler, der in seiner Heimat das höchste Ansehen genießt, sind sich fast alle Schweizer einig – Ferdinand Hodler ist so etwas wie der Nationalmaler der Eidgenossen. Und das nicht nur deshalb, weil zwei seiner Bilder einst die Banknoten des Landes zierten. Hodlers Bilder sind auch so längst jedem Schweizer bestens bekannt und vertraut.
Hodler, 1853 in Bern geboren, wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und musste nach dem frühen Tod seiner Eltern bereits im Alter von zwölf Jahren die Verantwortung für seine sieben jüngeren Geschwister übernehmen. Da er die Werkstatt seines Stiefvaters, eines alkoholkranken Dekorationsmalers übernahm, war sein Weg zur Kunst bereits in frühen Jahren vorgezeichnet. Nach einer Lehre bei Ferdinand Sommer, einem Maler wirklichkeitsgetreuer Bilder von Stadtansichten – den so genannten „Veduten“ – schloss sich Hodler Barthélemy Menn als Schüler an und arbeitete an der Verwirklichung eines Landschaftspanoramas von Eduard Castres in Luzern. Bald schon löste sich Hodler von seinen Lehrmeistern und entwickelte mit der Zeit seinen eigenen, unverwechselbaren Stil, den er „Parallelismus“ nannte. Rasch kam es Mitte der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts zu ersten Einzelausstellungen, doch erst das 1889 entstandene Gemälde Die Nacht brachte schließlich den großen Erfolg – wenngleich auf Umwegen: In buchstäblicher letzter Minute wurde auf Anweisung der Behörden die Ausstellung des Bildes wegen „Sittenwidrigkeit“ verboten, so dass es ausschließlich in einer privaten Ausstellung gezeigt werden konnte. Doch selbst dieser Skandal konnte Hodlers Triumphzug durch die Welt der Kunst nicht mehr aufhalten. Immer häufiger fanden sich die Bilder Hodlers nun in den großen europäischen Kunstschauen, und auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 wurden drei seiner Werke mit einer Goldmedaille bedacht. Auch in seiner Heimat mehrten sich nun die Ehrungen des einstmals Geschmähten: 1913 wurde er zum Ehrendoktor der Universität Basel ernannt, 1916 folgte die Ernennung zum Professor an der Ecole des Beaux-Arts in Genf. Und ein Jahr darauf kam es in Zürich zur ersten großen Retrospektive seines imposanten Werkes. 1918 verstarb Hodler hoch geehrt in Genf, das ihn zu seinem Ehrenbürger ernannt hatte. Seitdem ist seine Bedeutung weiterhin gestiegen, erst unlängst erzielte eines seiner Bilder, die Landschaftsansicht Der Genfersee von Saint-Prex aus bei einer Auktion mit 10.9 Millionen Franken den höchsten Preis, den je ein schweizerischer Künstler erzielen konnte.

Heinz Bütler nähert sich dem Mythos Ferdinand Hodler, dem Monumentalisten, dessen Bildern häufig etwas in unseren Tagen seltsam anmutendes Heroisches anhaftet, mittels verschiedener Gesprächspartner an, die dem Schweizer Nationalmaler neue Facetten abgewinnen. So sind neben Jura Brüschweiler, einem ausgewiesenen Hodler-Experten, auch der Schriftsteller Peter Bichsel, der Maler und Sammler Rudolf Schindler und der Ausstellungsmacher und Kunsthistoriker Harald Szeeman – einstmals Leiter der Kasseler documenta – zu sehen. Und diesen vier Experten gelingt etwas, das heutzutage selten geworden ist – sie eröffnen verständliche, klare und nachvollziehbare Einsichten in das Werk eines Malers, der häufig missverstanden und fehlinterpretiert wurde, sie zeigen neue Aspekte eines vielschichtigen Oeuvres und entzaubern Legenden. Und gerade das ist im Hinblick auf Ferdinand Hodler auch dringend nötig. Seinen Bildern jedenfalls schadet das überhaupt nicht.

Ferdinand Hodler — Das Herz ist mein Auge ist nach Henri Cartier-Bresson – Biographie eines Blicks das zweite von insgesamt vier Künstlerporträts von Heinz Bütler, das der Verleih film kino text im Juli und August in die Kinos bringen wird. Am 26. Juli startet Alberto Giacometti – Die Augen am Horizont und am 2. August Ettore Sottsass – Der Sinn der Dinge. Gute Zeiten für Kunstfreunde also, aber die können sich angesichts des Großereignisses documenta 12 in diesen Tagen eh nicht beschweren.

Ferdinand Hodler – Das Herz ist mein Auge

Fragt man in der Schweiz nach dem einheimischen Maler, der in seiner Heimat das höchste Ansehen genießt, sind sich fast alle Schweizer einig – Ferdinand Hodler ist so etwas wie der Nationalmaler der Eidgenossen.
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Meinungen

Bettina Rinaldi · 17.10.2010

Tief berührend ist dieser Film und ich möchte anfragen, ob er als DVD erhältlich ist. Danke für dieses wunderbare Dokument.