Faust

Eine Filmkritik von Festivalkritik 2011 von Patrick Wellinski

"Es irrt der Mensch so lang er strebt"

Da erscheint im Februar 2014 bei Arthaus die Verfilmung der legendären Gustaf Gründgens Inszenierung von Faust I am Hamburger Schauspielhaus aus dem Jahre 1960 unter der Regie von Peter Gorski auf Blu-ray und transportiert die poetisch-dramatische Wucht dieser wortgewaltigen Tragödie von Johann Wolfgang von Goethe mit ihrer dynamischen Kraft auf derart puristische Weise, dass eine wunderbar frische Symbiose zwischen Theater und Film entsteht. Faust wurde seinerzeit dreifach mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet und hat ein Bühnenstück auf die Leinwand gebannt, das den Text von Goethes Dichtung in starkem Maße übernimmt und dadurch zu einem monumentalen Sprachwerk mit philosophischer Tiefenschärfe gerät.
Den Auftakt von Faust bildet das Vorspiel auf dem Theater, zu dem ein Direktor (Herrmann Schomberg), ein Dichter (Will Quadflieg) und eine Lustige Person (Gustaf Gründgens) erscheinen, um in metadimensionaler Manier über die Kombination von Geschäft, Kunst und Unterhaltung bei einem Bühnenstück zu sinnieren: „Ich sag Euch gebt nur mehr, und immer, immer mehr, So könnt Ihr Euch vom Ziele nie verirren, Sucht nur die Menschen zu verwirren, Sie zu befriedigen, ist schwer.“ Hier treten bereits die Hauptprotagonisten Will Quadflieg und Gustaf Gründgens auf, die im Folgenden als Dr. Heinrich Faust und Mephistopheles zu sehen sind. Letzterer hatte bereits über 600 Mal die Rolle des teuflischen Verführers gespielt, bevor er diese erneut in seiner eigenen Inszenierung als Hamburger Indendant übernahm.

Nach dem Prolog im Himmel, währenddessen Mephisto mit dem Herrn (erneut Herrmann Schomberg) eine Wette darüber anzettelt, dass er den gelehrten Doktor Faust dazu bringen könne, den rechten Weg zu verlassen, wird die Faust-Figur des Nachts in ihrem verzweifelten Ringen nach unerreichbarer Erkenntnis eingeführt, bei dem bald darauf werbend Mephisto auftaucht, um ihn in den Teufelspakt zu verwickeln, der ihn für einen Glücksmoment die Seele kosten soll. Doch bevor sich ein solcher ereignen kann, muss erst das fromme Gretchen (Ella Büchi) die Bühne betreten und Faustens Geleit auf der Straße ablehnen, um ihm später in Marthens (Elisabeth Flickenschildt) Garten die berühmte Frage nach seiner Religiosität zu stellen und am Ende im Kerker ihr Grauen ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen.

Es ist die schlichte Strenge der Inszenierung, von geringen speziell filmischen Mitteln der Kameraführung flankiert, die konzentriert auf die Charaktere und ihre Äußerungen das Bühnenspiel betont als ebensolches präsentiert. Die Monologe und Dialoge erfolgen in raumfüllendem, theatralischem Vortrag in rasantem Tempo, das den Zuschauer unversehens in den Strudel der dichterischen Sprachmeere zieht. So stellt Faust einerseits das Dokument der gefeierten Gustaf Gründgens Inszenierung und andererseits eine sanfte filmische Adaption derselben dar, die ansprechende Akzente der Fokussierung und beim Bühnenbild setzt. Damit ist ein kostbares, köstliches Kulturgut reich an geflügelten Worten im Blu-ray Zeitalter angekommen, dessen prächtige Genialität verführt und bezaubert.

Faust

Es ist das Werk der Werke, der umspannendste literarische Versuch, die Welt zu verstehen; es ist eine Textfeier, ein Exerzitium der Höchstkultur und natürlich auch der Horror eines jeden Deutschschülers – Johann Wolfgang Goethes „Faust“. Für den russischen Regisseur Alexander Sokurov, der sich nun auch in die Riege der vielen Faust-Verfilmungen einreiht, ist das Projekt Faust allerdings noch etwas mehr.
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Meinungen

Valodk · 25.06.2012

Herr Alexander Sokourov gehört warscheinlich zu den selten Filmachern, die die Schönheit und die Hässlichkeit des Groteskes mischen können, um Meisterwerke zu erschaffen.

Jolai · 24.03.2012

Ich konnte nichts mit dem Film anfangen, er hat mich irgendwie nicht gepackt. Um mich für den Stil begeistern zu können, scheine ich wohl nicht Filmkenner genug zu sein.

Karamanola Lefkothea · 01.03.2012

Entweder habe ich die Intention des Regisseurs nicht verstanden oder der Film ist einfach nur schlecht - er entspricht nur kaum der Lektüre und beinhaltet sehr verwirrende Szenen - außerdem sehr obszön in man hatte den Eindruck es ginge die ganze zeit nur um sex da die Darsteller den kompletten Film durch irgendwelche perversen Gesten tätigten. Vollkommen unlogische und nicht nachvollziehbare Szenen - also in meinen Augen der schlechteste Film den ich je gesehen habe.

Johannes Heinrichs · 11.02.2012

Ich konnte den Schmutz und die Hässlichkeit leider - mangels Sinn für die Ästhetik des Hässlichen? - nicht ertragen.

Vera · 02.02.2012

eine fulminant brillante Höchstleistung. Mein Kompliment an den Herrn Sukorov, auch an die grandiose Besetzung.Exzellent! Schade,dass man hochkarätige Inszenierungen nur sehr sparsam auf dem deutschen Kinoplatz dosiert.Weiter so!!!

Antifa · 26.01.2012

Naja. Ganz großes Kino.

Gernot Hofmann · 19.01.2012

Sukorov hat den Faust in 21. Jahrhundert geholt, obwohl die Inszenierung von den Bildern durchaus im 19. Jahrhundert ebenfalls Platz hätte. Nach der vergeblichen Suche im inneren des Menschen ob tot oder lebendig, überquert er Lethe nicht sondern begräbt den Teufel und verschwindet in der klaren Kühle des Intelekts.

wignanek-hp · 10.09.2011

Der Trailer ist höchst interessant, die Kritik ebenfalls. Ich werde mir den Film nicht entgehen lassen!