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Der Schauspieler Adewale Akinnuoye-Agbaje hat seine eigene Kindheit und Jugend verfilmt. Das Ergebnis ist roh und hart, seine Geschichte unglaublich.

In My Skin (2018)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Die Haut, in der er wohnt

In Film und Fernsehen ist Adewale Akinnuoye-Agbaje meist auf den Bösewicht festgelegt. Hierzulande ist seine Rolle als Mr. Erko in der Mystery-Serie „Lost“ (2004-2010) im Gedächtnis geblieben. Inzwischen mischt er aber auch in den Superheldenuniversen mit, zuletzt als Killer Croc in „Suicide Squad“ (2016). Als er sich Anfang der 1990er für eine Schauspielkarriere entschied, hatte der 1967 geborene Brite bereits einen Juraabschluss in der Tasche und eine bewegte Kindheit und Jugend hinter sich. Als Schüler war Akinnuoye-Agbaje tatsächlich ein ziemlich böser Bube. Davon erzählt er in seinem Regiedebüt.

In Film und Fernsehen ist Adewale Akinnuoye-Agbaje meist auf den Bösewicht festgelegt. Hierzulande ist seine Rolle als Mr. Erko in der Mystery-Serie Lost (2004-2010) im Gedächtnis geblieben. Inzwischen mischt er aber auch in den Superheldenuniversen mit, zuletzt als Killer Croc in „Suicide Squad“ (2016). Als er sich Anfang der 1990er für eine Schauspielkarriere entschied, hatte der 1967 geborene Brite bereits einen Juraabschluss in der Tasche und eine bewegte Kindheit und Jugend hinter sich. Als Schüler war Akinnuoye-Agbaje tatsächlich ein ziemlich böser Bube. Davon erzählt er in seinem Regiedebüt.

Einen Steinwurf vom Seehafen und der Themse entfernt geben die nigerianischen Studenten Femi (Akinnuoye-Agbaje selbst) und Tolu (Genevieve Nnaji) ihren Sohn Enitan in die Obhut einer englischen Arbeiterfamilie aus Tilbury. Seine zwei jüngeren Schwestern werden folgen. Damals eine gängige Praxis, farming genannt, wie der Film im Original heißt. Acht Jahre später drängen sich sieben Kinder unterschiedlicher Eltern im Wohnzimmer. Pflegemutter Ingrid (Kate Beckinsale) regiert mit rüder Hand, Vater Jack (Lee Ross) ist als Fernfahrer auf Achse. Gegen die rassistischen Jungen aus der Nachbarschaft soll der schüchterne Enitan die Fäuste sprechen lassen. Ein folgenschwerer Ratschlag.

Akinnuoye-Agbaje versetzt sein Publikum in eine Zeit, in der das Recht des Stärkeren zählte. Mit seinen Pflegegeschwistern traut sich Enitan nur bei Regen vor die Tür, wenn die Straßen leergefegt sind. Dann jagt er Regenbögen in Pfützen hinterher. Weitere acht Jahre später ziehen dunkle Wolken auf. Seine schwarze Hautfarbe wollte er bis dahin gleich mehrfach loswerden – doch weder Seife noch Puder haben geholfen. Auf die Demütigungen der lokalen Skinheads um ihren Anführer Levi (John Dagleish) reagiert der inzwischen 16-Jährige (Damson Idris) auf paradoxe, gefangen in einem Teufelskreis aus Gewalt und Gegengewalt, aber durchaus logische Weise. Aus Selbsthass wird er selbst zum Fremdenfeind. Als menschliches Haustier von Levis mischt er an vorderster Front mit, wenn Banken überfallen, Matrosen verprügelt, die eigene Schwester beschimpft oder seine Lehrerin Ms. Dapo (Gugu Mbatha-Raw) auf offener Straße angegriffen wird.

Nicht alle Rollen sind so subtil wie Gugu Mbatha-Raws besorgte Pädagogin angelegt, dafür aber ungemein wuchtig. Kate Beckinsale überrascht als toughe Arbeitermutter, John Dagleish überzeugt als dämonischer Skin und Damson Idris spielt sich die Seele aus dem Leib. Wie viele Filme über die Neonazi- und Skinhead-Szene kann sich auch In My Skin nicht vollständig von der Faszination für die Materie lösen. Akinnuoye-Agbaje stellt die Gewalt und die Körper zur Schau. Ein verstörender, blutiger Tanz – düster funkelnd und getragen von lockeren Klängen. Mehr als einmal schnürt sich einem dabei allerdings die Kehle zu, so wie Enitan, wenn er auf dem Schrottplatz an einer Baggerschaufel baumelt.

Akinnuoye-Agbajes Debüt ist roh und hart wie das Milieu, in dem sich sein Protagonist bewegt. Selbst dessen kurzzeitige Rückkehr nach Nigeria, noch im Kindesalter, inszeniert der Regienovize als bunten und lärmenden Kulturschock, den man jedem anderen Regisseur, der es wie Akinnuoye-Agbaje nicht selbst erlebt hat, wohl als klischiert und überladen auslegen würde.

Wer eine subtile Auseinandersetzung mit den Themen Herkunft, Hautfarbe und Rassismus sucht, sollte eine andere DVD in den Player legen. Wer kraftvolles, emotionales Kino liebt, ist genau richtig. Die schmerzhaften Erfahrungen während seiner langen Identitätssuche hat Adewale Akinnuoye-Agbaje in einen kantigen Film gepackt, der bis an die Schmerzgrenze geht.

In My Skin (2018)

Für dieses toughe und kraftvolle Drama schöpft der Autor und Regisseur Adewale Akinnuoye-Agbaje aus seiner eigenen Kindheit. Enitan (Damson Idris) wird von seinen nigerianischen Eltern in der Obhut britischer Pflegeeltern gelassen, weil sie glauben, ihm so eine bessere Zukunft bieten zu können. Stattdessen schließt sich Enitan im Teenageralter eines Skinhead-Gang an, die vom brutalen Levi (John Dagleish) angeführt wird.

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