Evidence

Eine Filmkritik von Lida Bach

Ausflug ins Grauen

„Was Raues erleben, draußen in der Wildnis“ — das will der junge Amateurfilmer Ryan (Ryan McCoy) und er will es dokumentieren. Die Protagonisten seiner Reportage über einen Campingtrip sind Abi (Abigail Richie), Ashley (Ashley Bracken) und sein Kumpel Brett (Brett Rosenberg). Für den ist es der erste Zeltausflug. Und für alle womöglich der letzte. Denn Ryans Amateurfilm erbringt den verwackelten Beweis, dass Gefährlicheres als bewaffnete Fremde des nachts im waldigen Hinterland auf die Pirsch nach junger Beute geht.
Howie Askins tarnt seinen Eintrag in die Horrorliste des Cinema Verité als Amateurdokumentation. Diesen Anschein zu wahren gelingt ihm auf theoretischer Ebene ironischerweise besser als auf inszenatorischer. Statt wie das gefundene Kameramaterial einer realen Reportage wirkt Evidence wie eine praktische Anleitung dazu, wie man einen Found-Footage-Horrorfilm fabriziert. Als Handlungsgrundlage dient ein Standardszenario, das schon als klassisch gelten kann. Bereits in Blair Witch Project begab sich eine kleine Gruppe junger Leute auf einen Campingtrip in die Wälder, um dort einen Dokumentarfilm zu drehen. Vermutlich sind seitdem mehr mit Handkameras bewaffnete Independent-Regisseure, die der Kultstreifen inspirierte, in den Wäldern verschollen, als Wanderer. Askins allerdings nicht, doch was er mitgebracht hat, lässt so einiges im Dunkeln – inszenatorisch und kameratechnisch. Ist in Blair Witch Projekt eine lokale Legende Gegenstand der Dokumentation, ist es in Askins zweitem Langfilm, der mit rund 80 Minuten gerade so als solcher gelten darf, der Campingausflug selbst.

Die Ausgangssituation wirkt so herbeizitiert, dass es an Satire grenzt. Wen interessiert eine Reportage darüber, wie irgendwer irgendwo zum ersten Mal campt, wo doch nahezu jeder peinliche Bilddokumente von sich selbst zwischen Schlafsack, Gaskocher und windschiefem Zelt versteckt hat? Und sind Camper, die campen, damit sie dabei gefilmt werden, überhaupt authentisch? Ryan – nicht der Protagonist, sondern der Drehbuchautor, als der Darsteller McCoy ebenfalls wirkte – kümmert das wenig. Sein Figurenquartett mag aus einschlägigen Kinowerken, in denen Jugendliche draußen in der Pampa von Mutanten, Zombies oder mordlustigen Hinterwäldlern attackiert werden, nichts gelernt haben. Er jedoch kennt alle dramaturgischen Kniffe. Es gibt eine überflüssige Oben-Ohne-Aufnahme von Abi und ähnlich spekulativ eingestreut etwas nackte Haut von Ashley. Es gibt halbherzige Beschwerden gegenüber Ryan wie „Ich hab´s satt, andauernd eine Kamera ins Gesicht gehalten zu bekommen“ und „Kannst du nicht mit dem Filmen aufhören?“, die beiläufig ein bisschen Selbstreferenzialität liefern.

Metatext oder Subtext oder so. Oder einfach Lückenfülltext, wo die Dialoge ins Unterirdische zu verflachen drohen? Kurz bevor der erste Teil des sauber gegliederten Dreiakters im Vorstellen von Charakteren, die so stereotyp sind, dass sie keiner ausführlichen Vorstellung bedürfen, versandet, fällt der Vorhang. Zeit für den zweiten Part, der auf fahrige Spannung abzielt. An Einfallsreichtum fehlt es, aber Evidence zeigt genügend handwerkliches Geschick, um ein paar passable Schreckmomente zu kreieren. Etwas raschelt im Dickicht und demoliert die Ausrüstung. Etwas – oder jemand? Die Paranoia der Ausflügler wächst. Ryan, der mit seinem penetranten Filmen für gereizte Stimmung sorgt, könnte die Geräusche und Erscheinungen lediglich gestellt haben. Die Hartnäckigkeit der Kamera, Ryans Kaltblütigkeit angesichts der beunruhigenden Ereignisse und die ganze skurrile Camping-Doku-Idee ergeben plötzlich Sinn: als perverser Trick, um die Furcht seiner Gefährten zu dokumentieren. Doch den einzigen originellen Twist, mit dem der Terror-Trip aufwartet, lässt der Plot zugunsten kruder Verschwörungstheorien fallen.

Was übrig bleibt, ist ein unausgegorenes Filmexperiment, das die Found-Footage-Ebene hauptsächlich zum Kaschieren des niedrigen Budgets nutzt, und sich abgesehen vom prätentiösen Abspann nicht viel von einem verwackelten Nachtvideo unterscheidet.

Evidence

„Was Raues erleben, draußen in der Wildnis“ — das will der junge Amateurfilmer Ryan (Ryan McCoy) und er will es dokumentieren. Die Protagonisten seiner Reportage über einen Campingtrip sind Abi (Abigail Richie), Ashley (Ashley Bracken) und sein Kumpel Brett (Brett Rosenberg). Für den ist es der erste Zeltausflug. Und für alle womöglich der letzte. Denn Ryans Amateurfilm erbringt den verwackelten Beweis, dass Gefährlicheres als bewaffnete Fremde des nachts im waldigen Hinterland auf die Pirsch nach junger Beute geht.
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Meinungen

taem · 07.05.2012

Schlechte Kameraführung, schlechte Schauspieler und leider absolut keine gute Handlung....