Enzo Ferrari – Der Film

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die schnellste Geschichte der Welt, mit leichten Pannen

Enzo Ferrari – allein der Klang des Namens beschwört bereits Bilder herauf, lässt blitzlichtartig Momentaufnahmen entstehen von tief geduckten, aggressiv anmutenden Autos in rasender Fahrt, evoziert Gerüche wie Öl und verbranntes Gummi, füttert das Ohr mit dem dumpfen Grollen eines hoch gezüchteten Zwölfzylinders. Und manchem echten Autofan wird sogar noch ein Bild des „Commendatore“ Enzo Ferrari in den Sinn kommen, der selten nur ohne seine legendäre Sonnenbrille anzutreffen war – von den zahlreichen Siegen der roten Renner aus Maranello mal ganz abgesehen. Nach etlichen Versuchen und Angeboten von Größen wie Sydney Pollack und Sylvester Stallone ist es dem italienischen Regisseur Varlo Carlei gelungen, von Ferraris Sohn Piero die Zustimmung zu einem Biopic über den großen Enzo zu bekommen. Das Ergebnis war ein vierstündiger Zweiteiler für das italienische Fernsehen, der nun in gekürzter Form in den deutschen Kinos zu sehen sein wird. Leider entpuppt sich Enzo Ferrari — Der Film als gänzlich kritikloses Abfeiern eines Heldenmythos, der eher in die Rubrik „Hofberichterstattung“ einzuordnen ist und der seinem Gegenstand genau dadurch nicht gerecht wird, weil er sich dem großen Enzo mit allzu viel Respekt nähert.
Enzo Ferrari, darin sind sich alle Biographen einig, war ein absoluter Herrscher, bisweilen auch ein Despot, der seinen ehrgeizigen und bisweilen auch megalomanischen Zielen alles unterordnete. Seine Philosophie war – zumindest wenn man dem Film folgt – von bemerkenswerter Schlichtheit: Enzo wollte das schnellste Auto der Welt bauen. Dass so ein vermeintlich einfaches Ziel bis zum neunzigsten Lebensjahr alleiniger Antrieb eines genialen Geistes wie Ferrari gewesen sein soll, wird niemals begründet, sondern einfach behauptet – wie beinahe alles in diesem Film. Möglicherweise ist es vor allem der ursprünglichen Form als zweiteiliger Fernsehfilm geschuldet, dass in der Kinofassung manches im Leben Enzo Ferraris lediglich im Schnelldurchlauf angedeutet wird. Das wäre durchaus nachvollziehbar, wenn nicht anderes wie das durchaus bewegte Privatleben des „Commendatore“ in epischer und kitschiger Breite und mit Geigensoße übergossen im unfreiwilligen Stil einer Telenovela breitgetreten würde. Auf diese Weise mäandert der Plot von Sieg zu Affäre, von beruflichen Rückschlägen zu privaten Dramen wie dem Tod des Sohnes Dino aus erster Ehe; Stationen eines Lebens, die der alte Enzo Ferrari einem jungen Journalisten erzählt, so will es die Rahmengeschichte des Films. Trotz dieser Inszenierung des Lebensberichts als Beichte ist für wirklich Selbstkritisches nur wenig Platz, und vieles von Enzo Ferraris Bekenntnissen wirkt durch die Wahl der Worte so unsäglich platt und banal wie der gesamte Film

Für Freuden edlen Bleches und insbesondere für alle „Ferraristi“ dürfte dieser Film wohl Pflichtprogramm sein, wer aber kein Freund der roten Renner aus Maranello ist, für den hat Enzo Ferrari — Der Film nicht viel zu bieten. Die Idee eines jungen Journalisten, der den Weg seines Vorbildes Stück für Stück enthüllt, ist seit Citizen Kane dermaßen häufig verwendet worden, dass solche Kunstgriffe sehr wohl durchdacht sein müssen, um ihre ganze Wirkung zu entfalten. Leider ist genau dies nicht gelungen, und so wirkt Enzo Ferrari — Der Film wie ein edler Sportwagen mit gediegener Ausstattung, bei dem die Schaltung klemmt; über den zweiten Gang kommt der Film nämlich zu keinem Zeitpunkt hinaus.

Enzo Ferrari – Der Film

Enzo Ferrari – allein der Klang des Namens beschwört bereits Bilder herauf, lässt blitzlichtartig Momentaufnahmen entstehen von tief geduckten, aggressiv anmutenden Autos in rasender Fahrt.
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