An Enemy to Die For

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Narrenschiff in arktischer See

So langsam entwickelt sich in Deutschland eine skandinavische Achse, die in schöner Regelmäßigkeit Filme in Zusammenarbeit mit unseren nördlichen Nachbarn produziert. Bedenkt man den unglaublichen Siegeszug des dänischen Kinos seit den 1990er Jahren und die bis dato unerreichte Qualität schwedischer TV-Krimis, die hierzulande überaus beliebt sind, verwundert einen die immer häufiger stattfindende Zusammenarbeit nicht. Bemerkenswert ist dabei derzeit vor allem eines: Als müsse man erst die Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges filmisch beiseite räumen, beschäftigen sich viele der Koproduktionen momentan noch mit der Vergangenheitsbewältigung. Dies ist auch bei Peter Dalles neuem Film An Enemy to Die For der Fall. Wobei der Regisseur der schwedisch-norwegisch-deutsch-polnischen Gemeinschaftsarbeit im Jahre 2003 mit seiner Film-noir-Parodie Verschwörung im Berlin-Express durchaus zeigte, dass auch jenseits jener verhängnisvollen 12 Jahre des Nationalsozialismus reizvolle cineastische Annäherungen an Deutschland möglich sind.
Als Aufhänger für die Geschichte, die beinahe im Gewande einer Nachzeichnung realer historischer Ereignisse daherkommt, dient die Pangaea-Theorie des deutscher Polar-, Klima- und Geoforschers Alfred Wegener (1880-1930). Die besagt, dass die verschiedenen Kontinente ursprünglich aus einem einzigen Superkontinent bestanden und erst im Laufe der Zeit auseinanderdrifteten. Zu Beginn des 20 Jahrhunderts war diese Theorie, die heute längst bestätigt ist, noch eine gewagte wissenschaftliche Hypothese, die nicht so recht ins Weltbild der damaligen Zeit zu passen schien.

Man schreibt das Jahr 1939, als eine internationale Expedition in die Arktis aufbricht, um die Theorien des neun Jahre zuvor verstorbenen Wegener zu beweisen. Von deutscher Seite sind an dem Unternehmen der Wissenschaftler Friedrich (Axel Prahl) und dessen Assistentin Leni (Jeanette Hain) beteiligt, von britischer Terrence (Tom Burke) und Martin (Allan Corduner), zudem befindet sich der Schwede Gustav (Richard Ulfstäter) als Sprengstoffexperte mit an Bord, der Kapitän des Forschungsschiffes (Sven Nordin) ist Norweger, die Besatzung besteht überwiegend aus russischen Seeleuten. Während der Fahrt erfährt der Funker, dass in Europa mittlerweile der Zweite Weltkrieg ausgebrochen ist. Auf Geheiß aus Berlin schickt sich nun Friedrich an, die Kommandogewalt über das Schiff zu übernehmen, unterstützt von einem der beiden Briten, der sich als deutscher Spion entpuppt. Statt nun nach dem Zusammenhang, dem Einigenden zu suchen, erfährt die Besatzung, wie grau alle wissenschaftliche Theorie ist und wie viel sie in Wirklichkeit trennt. Es beginnt ein Kampf ums Überleben, in dessen Verlauf Gustav und Leni sich ineinander verlieben, was die angespannte Situation auf dem Schiff nicht gerade einfacher macht.

Auch wenn man geneigt ist, aufgrund der Informationen am Ende des Films die Nordpol-Expedition, von der der Film erzählt, für bare Münze zu nehmen – stattgefunden hat die turbulente Erkundung rund um die Zeit des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges nie. Aber das ist ehrlich gesagt auch gar nicht wichtig, denn allein die Tatsache, dass ein Film auf wahren Begebenheiten beruht, macht noch lange kein Kinovergnügen aus – leider. In diesem Fall ist das aber überwiegend anders – und das liegt vor allem an den samt und sonders brillant aufspielenden Darstellern, bei denen neben dem differenzierend und mit leisen Zwischentönen agierenden Axel Prahl vor allem Sven Nordin als Kapitän und Richard Ulfsäter als Gustav auffallen.

Auch wenn der Titel es nahe legt: An Enemy to Die For ist kein Kriegsfilm, sondern viel eher ein psychologisches Drama, das geschickt mit dem Gegensatz von beengter Raumsituation und den wundervoll eingefangenen Weiten der arktischen Landschaft spielt, deren Größe die Kleingeistigkeit nationaler und weltanschaulicher Haltungen und Überzeugungen konterkariert und diese wie auf einer Bühne umso deutlicher hervortreten lässt. Leider verliert sich der Film am Ende in den Weiten seines Plots ein wenig und wählt als Ausweg aus dem selbst geschaffenen Dilemma eine allzu leichte Variante, so dass einige zuvor entsponnene Fragestellungen schlichtweg auf der Strecke bleiben.

Dennoch bietet An Enemy to Die For spannende und vielschichtige Unterhaltung, die sich auf gelungene Weise mit der Fragestellung auseinandersetzt, was der Krieg aus den Menschen macht. Nicht, dass wir die Antwort nicht sowieso schon wüssten, aber in diesem Fall gelingt es dem Film tatsächlich, diesem Thema einige neue Aspekte abzugewinnen. Und das ist keineswegs selbstverständlich…

An Enemy to Die For

So langsam entwickelt sich in Deutschland eine skandinavische Achse, die in schöner Regelmäßigkeit Filme in Zusammenarbeit mit unseren nördlichen Nachbarn produziert. Bedenkt man den unglaublichen Siegeszug des dänischen Kinos seit den 1990er Jahren und die bis dato unerreichte Qualität schwedischer TV-Krimis, die hierzulande überaus beliebt sind, verwundert einen die immer häufiger stattfindende Zusammenarbeit nicht.
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Meinungen

Helga Schramm · 04.04.2013

Warum wird der Film in Hamburg
nur in einem Kino weit draussen gezeigt???
UCI Othmarschen....
und dann noch nur! um 23 Uhr.
Muss wohl auf die DVD warten.....