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Emir Kusturica widmet dem ehemaligen Präsidenten Uruguays, José Mujica, genannt El Pepe, einen Dokumentarfilm. Doch hier geht es gar nicht nur um Politik.

El Pepe, una vida suprema (2018)

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Der Präsident im blauen Käfer

El Pepe trägt Pyjamas. Nur mit Unterhose bekleidet, steigt er aus dem Bett und verspricht, den Anzug anzuziehen. Der Anzug trägt deshalb den bestimmten Artikel, weil Pepe ihn das letzte Mal zur feierlichen Übergabe des Präsidentenamtes in Uruguay an seinen gewählten Nachfolger trug. 2015 war das, seitdem ist Pepe im Ruhestand und kümmert sich um seine Pflanzen. Pepe heißt eigentlich José Mujica, aber Regisseur Emir Kusturica nennt ihn in diesem Dokumentarfilm beim Spitznamen.

Auch Kusturica trägt mittlerweile eigentlich einen anderen Vornamen, denn der gebürtige Bosnier ist 2005 zum serbisch-orthodoxen Glauben konvertiert, was für viel Aufregung in seiner Heimat sorgte, denn Glauben und Ethnien sowie der Umgang mit den Verbrechen während der Jugoslawienkriege sind noch immer ein großes Streitthema auf dem Balkan. Kusturica selbst hielt immer daran fest, Jugoslawe zu sein. So ist der Dokumentarfilm El Pepe, A Supreme Life nur ein konsequenter Schritt zurück zu den Wurzeln seiner politischen Gesinnung.

Mit José Mujica teilt er die sozialistischen Ideen. Der 83 Jahre alte Mann hat während der Militärdiktatur in den 1970er und 1980er Jahren mit der linken Stadtguerilla-Gruppe Tupamaros gegen das Regime gekämpft. 13 Jahre saß er dafür im Gefängnis. Er erzählt Kusturica von Banküberfällen und Gefängnisstrafen bei Mate-Tee in seinem Garten. Die beiden Männer besuchen mit dem Kamerateam den Ort, an dem früher in Montevideo das Gefängnis stand. Heute ist es ein Einkaufspalast, in dem der ehemalige Präsident sofort von Bürgern umringt und um Selfies und Autogramme gebeten wird.

Manchmal wirkt Kusturicas Film wie ein schnell gefilmtes Hobby-Projekt. So hört man mitunter etwa, wenn Pepe spanisch spricht, noch parallel die englische Übersetzerin reden, die nie im Bild ist. Das alles weist darauf hin, dass hier kein großes Budget vorhanden war, dass es einer der Filme sein könnte, die Kusturica aus eigenem Interesse am Thema machen wollte. Er zeichnet auch kein ausgewogenes Porträt Pepes, er findet den Mann und die Ideen gut, das merkt man an jeder Szene, jeder Kameraeinstellung. Er zeigt Bilder vom Besuch des Präsidenten beim Papst, bei Barack Obama, bei einem Gipfel, auf dem er die Legalisierung des Cannabisanbaus in seinem Land als Modell zur Bekämpfung der Korruption und Armut vorstellte. Er geht mit Pepe auch dorthin, wo sein sozialer Wohnungsbau begonnen hat, lässt alleinerziehende Mütter zu Wort kommen, die erzählen, dass sie nun zum ersten Mal fließendes Wasser haben.

Bereits während der Präsidentschaft behielt José Mujica nur 10 Prozent seines Gehalts, mehr benötige er nicht, den Rest spendete er an wohltätige Organisationen, die sich gegen Armut und für kleine Unternehmen engagierten. Noch heute fährt Mujica in einem alten blauen VW-Käfer durchs Land. Etwa wenn er Veranstaltungen seiner Ehefrau, Lucia Topolansky, besucht.

Auch sie ist ein ehemaliges Guerilla-Mitglied und noch immer politisch tätig. Und so wie sich schon bei Schwarze Katze, Weißer Kater der Fokus von der Grundidee eines Dokumentarfilms über Sinti- und Roma-Musik hin zu einer Liebeskomödie verschob, ist Kusturica auch in El Pepe am Ende mehr an der Liebe dieser beiden Personen interessiert und wie sie es geschafft haben, über all die Jahrzehnte zusammenzubleiben. Wie die Beziehung dieses Paares funktioniert, das sind die schönsten und intimsten Momente dieses Films. Und weil Kusturica nicht nur Filmemacher, sondern auch Musiker ist, übergießt er hier nichts mit kitschiger Musik, sondern lässt die beiden am Ende zu melancholischem Tango Händchen halten.

El Pepe, una vida suprema (2018)

„El Pepe, una vida suprema“ ist ein Dokumentarfilm von Emir Kusturica über das Leben des uruguayischen Politiker und früheren Guerilla-Kämpfer José „Pepe“ Mujica.

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