El Abrazo Partido

Das Leben ist eine (Laden)Passage

Auch wenn der Name „La Galeria“ glamouröse Assoziationen an mondäne Einkaufsmeilen oder hervorruft, die Ladenpassage gleichen Namens mitten im jüdischen Viertel von Buenos Aires hat ihre besten Tage längst hinter sich. Der Schreibwarenhändler Osvaldo bleibt auf seinen Waren sitzen, und die beiden älteren jüdischen Tuchhändler wirken wie Relikte aus einer längst vergangenen Zeit. Lediglich das koreanische Pärchen, das hier Feng-Shui-Artikel feilbietet und das Internet-Café von Rita (Silvina Bosco) machen deutlich, dass die Moderne auch um „La Galeria“ keinen Bogen macht. An die besseren Tage erinnert auch der Name des Dessousgeschäfts von Sonja (Adriana Aizernberg), dass immer den Namen ihres Mannes trägt, obwohl der sich bereits vor Jahrzehnten in Richtung Israel abgesetzt hat, kurz nach der Geburt seines Sohnes Ariel (Daniel Hendler).

Wie viele Argentinier seines Alters träumt auch Ariel davon, eines Tages nach Europa zu gehen und somit zurück zu den eigenen Wurzeln zurückzukehren, denn seine Großeltern flüchteten einst aus Polen nach Argentinien. Sein eigentliches Leben aber sieht ganz anders aus als in seinen Träumen, denn trotz seines Architekturstudiums ist Ariel weit davon entfernt sich abzunabeln. Als gelegentlich eine Kundin beglückender Dessousverkäufer fristet er sein Dasein im Geschäft seiner Mutter, ein merkwürdiger Schwebezustand zwischen Aufbruch und Resignation, der – so hat es den Anschein – typisch für junge Argentinier ist. Doch in Wirklichkeit verbirgt sich ein ganz anderer Wunsch und eine viel tiefsitzendere Verletzung hinter Ariels Unruhe: Warum nur, so fragt er sich die ganze Zeit, hat sein Vater ihn im Stich gelassen? Als dieser eines Tages überraschend vor ihm steht, findet er endlich Antworten auf seine Fragen, auch wenn er diese so nicht unbedingt erwartet haben mag.

Man ahnt die Verletzungen, die Ariel erlitten hat mehr, als man sie gezeigt bekommt. Und so umgibt den jungen Mann, von Daniel Hendler hervorragend dargestellt, ein sanfter Hauch von Melancholie, der dem ganzen Film eine zartbitter-süße Note gibt. Wie der Protagonist, so balanciert auch die ganze Erzählung zwischen biographischen, allgemein-gesellschaftlichen und anekdotischen Facetten und macht aus dieser kleinen, aber feinen Geschichte ein großes und reiches Meisterwerk über die Suche nach dem Glück und die Verunsicherungen, die keinesfalls nur typisch für Argentinien oder für Menschen mit dem Background von Ariel sind. Kein Wunder also, das El Abrazo Partido (zu deutsch: Die verschwundene Umarmung) im Jahr 2005 Argentiniens Vorschlag für den Oscar als bester ausländischer Film war und zudem auf zahlreichen Festivals ausgezeichnet wurde.

El Abrazo Partido

Auch wenn der Name „La Galeria“ glamouröse Assoziationen an mondäne Einkaufsmeilen hervorruft, die Ladenpassage gleichen Namens mitten im jüdischen Viertel von Buenos Aires hat ihre besten Tage längst hinter sich.

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