Ein kurzer Film über das Töten

Eine Filmkritik von Mike Swain

Du sollst nicht töten

Eigentlich sollte Krzysztof Kieslowskis wuchtiges Werk Ein kurzer Film über das Töten wohl einen vollkommen anderen Look erhalten, als der fertige Film ihn noch heute trägt, berichtet Kameramann Slawomir Idziak in einem längeren Interview auf der DVD aus dem Hause More. Idziak wollte nämlich überhaupt nicht an dem Film mitarbeiten und als Kieslowski ihn bat die Kameraarbeit zu übernehmen, beharrte er darauf, dass der gesamte Film mit einem Grünfilter gedreht werden sollte, in der Hoffnung Kieslowski würde nicht einwilligen. Doch zu Idziaks Überraschung sagte Kieslowski zu. Das Resultat war ein optisches und formales Meisterwerk, das noch heute Maßstäbe setzt; einer der besten Filme der europäischen Filmgeschichte.
An einem kalten Frühlingstag irrt der junge Jacek Lazar (Miroslaw Baka) scheinbar ziellos durch die Straßen Warschaus, während der Taxifahrer Waldemar Rekowski (Jan Tesarz) in einer tristen Neubausiedlung seinen Wagen pflegt. Der junge Referendar Piotr Balicki (Krzysztof Globisz), erhält währenddessen seine Beurkundung und kann nun endlich als Anwalt arbeiten. Wie der Zufall es will steigt Jacek am Nachmittag in das Taxi von Waldemar und ermordet ihn in einem trostlosen Außenbezirk der polnischen Metropole. Bald darauf wird Jacek gefasst, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Seine Verteidigung übernimmt Piotr. Trotz aller Bemühungen kann er nicht verhindern, dass sein Mandant am Strang endet.

Kieslowskis Film besteht in der Essenz aus zwei kontrastierenden Szenen des Tötens, die von der Urteilsverkündung interpunktiert werden. Auf der einen Seite der grausame und brutale Raubmord, den Kieslowski minutiös und quälend lang einfängt und anderseits die klinisch saubere und doch nicht weniger abstoßende Hinrichtung des Delinquenten Jacek, der der staatlich sanktionierten Gewalt zum Opfer fällt. Kieslowski, der ursprünglich Dokumentarfilmer war, erspart dem Zuschauer nicht das kleinste Detail der Vorgehensweise des Mörders und des Henkers. Dabei vermeidet er es geschickt, die Taten zu begründen oder zu rechtfertigen und entzieht dem Betrachter die Möglichkeit jeglicher Identifikation mit Täter oder Opfer. Beide Akte des Tötens erscheinen zufällig, planlos und nicht zuletzt willkürlich, vereint durch ihre menschenverachtende Gewalttätigkeit.

Selten gab es einen Film, der sich kompromiss- und gnadenloser mit dem Thema Töten und Todesstrafe auseinandergesetzt hat. Als der Film im Januar 1989 in die deutschen Kinos kam, überschlugen sich die Kritiker mit Lob. Der polnische Film, der europaweit erfolgreich in den Kinos lief, wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft. Unter anderem erhielt er den „Spezialpreis der Jury“ im Rahmen des Cannes Film Festivals 1988, und den „European Film Award 1988“ als „Bester Film“.

Ein kurzer Film über das Töten

Eigentlich sollte Krzysztof Kieslowskis wuchtiges Werk Ein kurzer Film über das Töten wohl einen vollkommen anderen Look erhalten, als der fertige Film ihn noch heute trägt.
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