Drive (2002)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Nur kein Stress!

Okay, zugegeben, bei dem Filmtitel Drive denkt mittlerweile jeder an Nicolas Winding Refn und kaum jemand an den gleichnamigen Film des japanischen Ausnahmeregisseurs Hiroyuki Tanaka, den die Filmwelt vor allem als SABU kennt. Diesen Namen trägt der Mann, der seine Karriere als Schauspieler begann, nach einer Rolle als berühmtes Yakuza-Mitglied, das er einst spielte. Nachdem seine Filmographie als Schauspieler 1986 begann (unter anderem wirkte er in Takashi Miikes Ichi the Killer mit), wandte er sich zehn Jahre später dem Regiefach zu und debütierte mit Dangan Runner, dem ein Jahr später sein wohl bislang bekanntester Postman Blues folgte. Dass nun Drive eine Neuveröffentlichung auf DVD erfährt, liegt mit Sicherheit auch am Erfolg des gleichnamigen Refn-Films – wobei die beiden Werke außer dem Titel nicht wirklich viel miteinander zu tun haben.
Asakura (Shin’ichi Tsutsumi) ist einer jener „Salary Men“, wie sie typisch sind für Japan – immer beherrscht, stets korrekt gekleidet und ungeheuer fleißig. Wenn da nur nicht diese Kopfschmerzen wären, die ihn plagen und die der Arzt als eindeutig psychisch bedingt kategorisiert. Stress, so wird ihm beschieden, sei die Ursache für die Qualen. Dumm nur, dass kurz nach dieser Diagnose der eigentliche Stress erst so richtig beginnt. Auf der Rückfahrt von dem Arzt wird Asakura nämlich zum Opfer einer Geiselnahme. Ein etwas trotteliges Gangstertrio, das einen Banküberfall begangen hat, wurde von einem Komplizen gelinkt und landet nun ausgerechnet im Auto des Geschäftsmannes, der sich trotz eines Messers an seiner Kehle peinlich genau an die Verkehrsregeln, Geschwindigkeitsbeschränkungen und roten Ampeln hält, was die Entführer natürlich zur Weißglut treibt.

Allerdings hat auch der flüchtige Vierte im Schurkenbunde Pech, kurz vor Erreichen des zweiten Fluchtwagens fällt der Autoschlüssel in ein tiefes Erdloch und ward nicht mehr gesehen. Mit der Zeit aber findet Asakura immer mehr Gefallen an seiner Rolle als Komplize und blüht immer mehr auf – auch wenn die neue Rolle nicht unbedingt kompatibel mit den Ratschlägen seines Arztes ist. Am Ende ist er bereit, sich den Dämonen seiner Vergangenheit mutig entgegen zu stellen.

Die Grundkonstellation der Geschichte, die Sabu in Drive erzählt, ist nicht wirklich neu, sondern eigentlich von Alfred Hitchcock und anderen Größen geklaut und seitdem unzählige Male durchdekliniert: Ein unschuldiger Nobody gerät unversehens in eine abenteuerliche Situation und muss dort seinen Mann stehen. Aufgepeppt wird das Ganze mit Traumsequenzen, Geistererscheinungen und absurdem Witz, in dessen Verlauf Asakura beispielsweise mit einer sehenswerten Kettenreaktion für das Ableben eines aufdringlichen Mannes sorgt, der das zum Quartett erweiterte Gaunertrio an die Polizei verpfeifen will.

Ob Drive nun wie vielfach behauptet wirklich Sabus bislang bestes Werk ist, sei dahingestellt. Gerade die Kameraarbeit schafft es trotz gelungener Szenen nicht, den gleichen Sog wie Postman Blues zu entfalten. Fest steht aber, dass dieser Film auch aufgrund seiner herrlichen Dialoge (die freilich ein wenig unter der deutschen Synchro leiden), definitiv einen Blick wert ist und möglicherweise dazu dienen kann, den einen oder anderen Zuschauer für die anderen Werke von Sabu zu interessieren. Und das liegt mit Sicherheit nicht an der Namensgleichheit mit dem Kultvehikel eines Nicolas Winding Refn.

Drive (2002)

Okay, zugegeben, bei dem Filmtitel „Drive“ denkt mittlerweile jeder an Nicolas Winding Refn und kaum jemand an den gleichnamigen Film des japanischen Ausnahmeregisseurs Hiroyuki Tanaka, den die Filmwelt vor allem als „Sabu“ kennt. Diesen Namen trägt der Mann, der seine Karriere als Schauspieler begann, nach einer Rolle als berühmtes Yakuza-Mitglied, das er einst spielte.
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