Die zwei Gesichter des Januars

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Gleißender Noir

Dreiecksbeziehungen nehmen zumeist kein gutes Ende. Erst recht nicht, wenn sie unter schicksalhaften Bedingungen entstanden sind. So wie im Regiedebüt des britisch-iranischen Drehbuchautors Hossein Amini, der sich darin eines eher wenig beachteten Patricia-Highsmith-Romans angenommen hat (bereits 1986 erblickte eine deutsche Adaption das Licht der Leinwand). Wie viele ihrer Werke handelt auch Die zwei Gesichter des Januars von moralisch fragwürdigen Protagonisten und den dramatischen Konsequenzen, die ihr Verhalten nach sich zieht. Eine dankbare Vorlage für einen im besten Wortsinne altmodischen, aber stets fesselnden Psychothriller, der sich vor einer elegant fotografierten Mittelmeerkulisse entspinnt.
Auf ihrer Europareise im Jahr 1962 macht das amerikanische Ehepaar Chester (Viggo Mortensen) und Colette MacFarland (Kirsten Dunst) Halt in Athen. Bei einem Besuch der Akropolis wird der windige Stadtführer Rydal (Oscar Isaac), ein griechisch sprechender US-Bürger, auf die wohlhabenden Touristen aufmerksam. Fasziniert von Colettes Schönheit und Chesters Ähnlichkeit mit seinem kürzlich verstorbenen Vater sucht der junge Mann die Nähe des Paares und kann sich schon bald ein gemeinsames Abendessen erschleichen. Kurz nachdem sich ihre Wege wieder getrennt haben, erleben die MacFarlands eine böse Überraschung. Wie aus dem Nichts taucht ein zwielichtiger Privatdetektiv mit einem delikaten Auftrag vor ihrem Hotelzimmer auf. Er soll das Geld eintreiben, das Chester reichen Investoren mit betrügerischen Finanzgeschäften aus der Tasche gezogen hat. Im Eifer der Diskussion kommt es zu einem Handgemenge, das mit dem tödlichen Sturz des Ermittlers endet. Als Rydal schließlich Colettes Armband zurückbringen will, das sie im Taxi vergessen hat, wird er Zeuge, wie Chester den Detektiv über den Hotelflur schleift. Im Glauben, der Mann sei bloß bewusstlos, greift Rydal seinem Bekannten unter die Arme und hilft dem Ehepaar auch bei ihrer Flucht vor der Polizei.

Dass im Zentrum der Geschichte vor allem die ambivalenten Beziehungen der Hauptfiguren stehen, unterstreicht schon der vielsagende Titel, der auf die Doppelgesichtigkeit des römischen Gottes Janus anspielt. Rydal sieht Chester als eine Art Vorbild, da es sein Landsmann offensichtlich zu beachtlichem Reichtum gebracht hat. Gerne würde der einfache Touristenführer, der sich mit kleinen Betrügereien über Wasser hält, ein ähnliches Leben führen. Noch dazu mit einer attraktiven Frau an seiner Seite. Rydals Interesse für Colette steht zugleich für die Kehrseite seiner Faszination. Er ist neidisch und fordert Chester durch sein Verhalten mehr und mehr zu einem Wettstreit um das Objekt der Begierde heraus. Der gerissene Hochstapler wiederum ist von Rydals Talenten beeindruckt, misstraut dem jungen Mann allerdings schon zu Beginn, da die Motive für seine Annäherung undurchsichtig bleiben.

Verkompliziert wird das zwiespältige Verhältnis nicht zuletzt durch die Umstände, die zur gemeinsamen Flucht nach Kreta führen. Während das Publikum weiß, dass Chester den Privatdetektiv versehentlich getötet hat, nähert sich Rydal nur langsam der ganzen Wahrheit an, was eine Reihe knisternder Suspense-Momente zur Folge hat. Wohltuend bedächtig schweißt Amini die verhängnisvolle Schicksalsgemeinschaft zusammen, um sie dann ebenso konzentriert von innen auszuhöhlen. Eifersucht, Missgunst und Verdächtigungen brechen schrittweise an die Oberfläche, wobei der Film seine Geheimnisse nicht immer preisgibt. Oft sind es Blicke, kleine Gesten oder Hinweise wie ein zerwühltes Laken, die bestimmte Verwicklungen denkbar machen und weitere Anfeindungen auslösen. Fesselnd ist der Noir-Thriller nicht nur in seiner subtilen Zuspitzung. Auch handfeste Spannungssequenzen – etwa eine großartig orchestrierte Passkontrolle – lassen den Zuschauer unweigerlich mit den schuldbelasteten Figuren mitfiebern.

Einen interessanten Kontrast zum eher düsteren Inhalt bietet das sonnendurchflutete Setting, das erfreulicherweise nie zur bloßen Postkartenidylle verkommt. Vielmehr verweisen die wunderschönen Landschaftsaufnahmen und die hellen Farben (auch der Kleidung) auf den schmalen Grat zwischen Schein und Sein, der den Film von Anfang an bestimmt. Gleichzeitig verleiht die antike Umgebung dem Konflikt der männlichen Protagonisten eine geradezu mythologische Dimension. Das Schicksal hat Rydal und Chester aneinander gekettet und lässt sie nicht mehr los. Eine Konstellation, die Oscar Isaac und Viggo Mortensen zu Höchstleistungen anspornt. Die beiden Hauptdarsteller belauern sich und schnappen unerwartet zu, wie zwei Raubtiere im Kampf um ihre Beute. Etwas schwerer hat es da schon Kirsten Dunst, deren Figur nur eine funktionale (wenn auch wichtige) Aufgabe zufällt.

Nichtsdestotrotz zeigt Hossein Amini mit Die zwei Gesichter des Januars, wie wirkungsvolles Thriller-Kino sein sollte: atmosphärisch dicht, umsichtig erzählt und in menschlichen Schwächen verankert.

Die zwei Gesichter des Januars

Dreiecksbeziehungen nehmen zumeist kein gutes Ende. Erst recht nicht, wenn sie unter schicksalhaften Bedingungen entstanden sind. So wie im Regiedebüt des britisch-iranischen Drehbuchautors Hossein Amini, der sich darin eines eher wenig beachteten Patricia-Highsmith-Romans angenommen hat (bereits 1986 erblickte eine deutsche Adaption das Licht der Leinwand).
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Herbert F. · 26.06.2014

So umnterschiedlich können Meinungen sein .... ich hatte mich nach dem Lesen dieser Filmbesprechung auf einen spannenden Thriller gefreut, bin aber auf voller Länge enttäuscht worden.

Ich fand' den Film ausgesprochen langweilig und letztlich auch belanglos. Gerade Kirsten Dunst in der Rolle der Colette MacFarland hat es m.E. ganz erheblich an Ausstrahlung gefehlt.

Hartmut T. · 13.06.2014

Bestimmt keine leichte Kost für den Wohlfühl-Kinogänger. Amini gelingt es vortrefflich, dem Zuschauer immer dann, wenn er gerade etwas Sympathie für einen der beiden Protagonisten empfinden will, klar zu machen, dass er sich das doch bitte nochmal gut überlegen möge. Ich kenne die literarische Vorlage nicht, aber immerhin wirbt das Filmplakat mit dem "talentierten Mr. Ripley", und wer dessen Darstellung durch Alain Delon mag, kann den zwei Gesichtern des Januars wohl auch etwas Sehenswertes abgewinnen.