Die Vaterlosen

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Tod, Trauer, Neubeginn einer etwas anderen Familie

Der Film beginnt mit dem Sterben von Hans, dem Vater, der von seiner wesentlich jüngeren Ehefrau bis zuletzt gepflegt wurde. Hans stirbt auf einem idyllischen Hof in Österreich, auf dem er in den 1970er und 1980er Jahren eine Kommune gegründet hatte. Aus dieser Zeit stammen auch seine Kinder, die jetzt einzeln auf dem Hof eintrudeln, um ihn zu beerdigen. Sein Sohn Niki ist Arzt, Vito ist Idealist und Träumer, Mitzi, die jüngste studiert und leidet an einer neurophysiologischen Dysfunktion. Wenn sie in Stress gerät, verkrampfen ihre Hände. Und dann ist da plötzlich Kyra, die vergessene Schwester von der Mitzi nicht einmal wusste, dass sie existiert.
Der Film begleitet die Protagonisten über die nächsten Tage bis hin zur Beerdigung des Kommunenoberhauptes und Vaters Hans. Natürlich brechen in dieser Situation alte Familienprobleme auf und vor allem das Geheimnis um Kyras Verschwinden vom Hof. Die Vaterlosen begleitet aber auch jeden seiner Protagonisten durch seine Trauerphase. Dabei gestaltet sich die Erzählperspektive sehr ambivalent und subjektiv. Die Bilder fangen bei allen Geschehnissen vor allem die Emotionalität der Beteiligten ein, die auch immer wieder in den Dialogen mit verhandelt wird. Aus den subjektiven Bruchstücken formt Marie Kreutzer nach und nach ihre Familiengeschichte.

Das Thema und vor allem die Art der Ansprache scheinen zunächst prädestiniert für einen schrecklich kitschig-sentimentalen Film. Doch Die Vaterlosen ist weit entfernt von melancholischem Selbstmitleid und pseudopsychologischem Geschwätz. Hier treffen Erwachsene aufeinander, die alle Wunden aus ihrer Kindheit mit sich tragen, diese aber nicht zur Schau stellen, sondern behandeln. Dabei geht es nicht nur darum, wie man Familie eigentlich definiert, ob biologisch oder psychologisch. Und es geht auch nicht darum, sich klischeehaft über die Naivität einer Hippie-Kommunen zu belustigen (auch wenn so manche Rückblende einem schon zum Schmunzeln bringt) oder gar ganz einseitig dem Vater die Schuld zu geben. Vielmehr entspringt dem Wirrwarr der Gefühle und Perspektiven eine Reflektion über Liebe, Familie und Besitz. Als besonderes Schmankerl führt Marie Kreutzer dann noch zwei Außenseiter ein, Kyras Freund und Vitos Ehefrau, die einen Blick von außen haben und zu wunderbar ironischen Kommentatoren der Geschichte werden.

Die Vaterlosen ist kein Heulfest darüber, wie schlimm doch alles war, sondern befreit ein großes Familienthema von Kitsch und Klischee und verhandelt es offenherzig und gepfeffert mit herrlichem Humor. Denn letztendlich geht es nicht um die Vergangenheit, sondern die Zukunft, die den Kindern bevorsteht, wenn sie aus den Fehlern ihrer Eltern lernen. Und so beginnt Kreutzers Film mit dem Tod, endet aber mit einem Neubeginn.

Die Vaterlosen

Der Film beginnt mit dem Sterben von Hans, dem Vater, der von seiner wesentlich jüngeren Ehefrau bis zuletzt gepflegt wurde. Hans stirbt auf einem idyllischen Hof in Österreich, auf dem er in den 1970er und 1980er Jahren eine Kommune gegründet hatte.
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