Die Töchter des chinesischen Gärtners

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Liebe in Zeiten des Totalitarismus

China in den achtziger Jahren: Auf der ebenso prachtvollen wie exotischen Insel des Botanik-Professors Chen (Dongfu Lin) trifft die junge Vollwaise Li (Mylène Jampanoi) ein, die bei der Koryphäe ein Praktikum absolvieren möchte. Doch der Professor verhält sich unfreundlich und abweisend, so dass Li erst einmal wie vor den Kopf gestoßen ist. Doch die Schroffheit des Alten ist nicht persönlich gemeint, vielmehr verhält sich der Witwer jedem gegenüber so. Und ganz besonders muss seine Tochter An (Li Xiaoran) unter ihm leiden; ohne ein Wort des Dankes zu hören, umhegt und pflegt sie ihren Vater. Kein Wunder also, dass sich die junge Frau umso mehr über die willkommene Abwechslung auf der Insel freut und sich schnell mit Li anfreundet. Dabei bleibt es allerdings nicht, die beiden Frauen entdecken ihre Zuneigung zueinander, sie berühren sich, verführen sich und plötzlich ist beiden bewusst, dass da mehr ist als nur erotische Anziehung. Doch eine Liebe wie die ihre ist in jenen Jahren in China strengstens verboten, und so bleiben ihnen nur heimliche Stunden und versteckt ausgetauschte Zärtlichkeiten sowie die ständige Angst vor Entdeckung. Damit Li auf der Insel und damit in Ans Nähe bleiben kann, beschließt sie, deren Bruder Dan (Wang Weidong) zu heiraten, der als Soldat in China stationiert ist. Was anfangs wie eine gute Idee erscheint, entpuppt sich aber im Laufe der Zeit als verhängnisvoller Fehler, denn Dan stellt Ansprüche an seine junge Frau, die sie ihm zu erfüllen nicht bereit ist. Und als auch noch Professor Chen Verdacht schöpft, nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Es gibt derzeit wohl kaum einen Kritiker, der sich bei dem neuen Film von Dai Sijie (Balzac und die kleine chinesische Schneiderin) nicht an Ang Lees Brokeback Mountain erinnert fühlt. Wer allerdings in Die Töchter des chinesischen Gärtners / Les Filles du Botaniste nur eine weibliche Version des US-amerikanischen Erfolgsfilmes sieht, der verkürzt Dai Sijies Anliegen. Denn neben einer berührenden Liebesgeschichte in Zeiten der Unterdrückung erzählt der visuell streckenweise überwältigende Film auch vom schwierigen Prozess der Emanzipation in China, vom Aufbegehren der Frauen gegen die patriarchalischen Strukturen, die der Kommunismus nicht beseitigt, sondern mit seinem Personenkult eher noch verstärkt und zementiert hat. Alles dies sind Themen, die bis zum heutigen Tage leider nur wenig an Aktualität eingebüsst haben – zwar ist seit 1997 Homosexualität in China nicht mehr strafbar, doch es war für Dai Sijie schlichtweg unmöglich, seinen Film in seiner Heimat zu realisieren, so dass er nach Vietnam ausweichen musste. Dennoch: Der Umweg hat sich gelohnt, denn Die Töchter des chinesischen Gärtners / Les Filles du Botaniste bietet wundervolle Bilder und eine niemals voyeuristische, sondern stets diskrete Geschichte mit gewaltigem politischem Engagement, die aber nicht zu jedem Zeitpunkt den schmalen Grat zwischen Opulenz und Kitsch zielgenau trifft.

Die Töchter des chinesischen Gärtners

China in den achtziger Jahren: Auf der ebenso prachtvollen wie exotischen Insel des Botanik-Professors Chen (Dongfu Lin) trifft die junge Vollwaise Li (Mylène Jampanoi) ein, die bei der Koryphäe ein Praktikum absolvieren möchte.
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