Die Ökonomie des Glücks

Eine Filmkritik von Niklas Loynes

Globalisierung schafft Einsamkeit

Was bedeutet Globalisierung? Was beinhaltet sie? Wer profitiert davon, wer ist der Leidtragende? Die schnelle Beantwortung dieser Fragen ist ein wesentlicher Teil von Die Ökonomie des Glücks. Was man allerdings nicht von diesen Antworten erwarten sollte, ist eine ausgeglichene, nüchterne Analyse der Problematik.
Was genau bedeutet also Globalisierung? Der Film setzt an in der Ladakh-Region, situiert zwischen Tibet und Pakistan. Hier, so die Co-Regisseurin Helena Norberg-Hodge, die in dem Film als eine Art Moderatorin fungiert, war früher alles harmonisch – Generationen lebten und arbeiteten zusammen, alle waren glücklich und zufrieden. Warum? Die Bewohner von Ladakh waren nicht angesteckt vom Virus namens „westliches Konsumdenken“.

Scheinbar urplötzlich, etwa in den 1970er Jahren, machte Konsumismus auch vor Ladakh nicht mehr Halt. Plötzlich waren Pepsi, McDonalds und Massentierhaltung auch hier angekommen. Die Konsequenzen: Arbeitslosigkeit, zunehmende Armut und ein wackelndes Gemeindegefüge. So zieht sich die Brutalität der Globalisierung durch die ersten 30 Minuten des Films. Überall, aber auch überall, wo sie auftaucht, lässt sie zerstörte Existenzen und grenzenlosen Profit für transnationale Unternehmen zurück.

Dies manifestiert sich auch in „acht unbequeme Wahrheiten über Globalisierung“, jenem Teil des Filmes nach dem Ladakh-Porträt. Selbst das, was man im Allgemeinen für die „guten“ Aspekte von Globalisierung hielt – etwa: Wachstum und Interkultureller Austausch – wird als böse und falsch gebrandmarkt.

Und prinzipiell mag das auch richtig sein. Globalisierung, insbesondere in den Händen von multinationalen Konzernen, bietet wenig Gutes – außer Profit für die Unternehmen selbst. Leider ist die Art und Weise, wie dies im Film übermittelt wird, ziemlich ideenlos und insgesamt wenig überzeugend. So ist man es schnell leid, Helena Norberg-Hodge zuzuhören, wenn sie abermals beteuert, warum genau die heutige Globalisierung eine moderne Art der Sklaverei ist. Oder wie Globalisierung „wissenschaftlich bestätigt“ zu Depression führt; wie Globalisierung Einsamkeit schafft.

Verglichen mit Dokumentarfilmen wie Let`s make money oder Der große Ausverkauf, die ein ähnliches – wenn nicht sogar das gleiche – Thema angehen, wirkt Die Ökonomie des Glücks zwar permanent anklagend, doch leider hat man das Gefühl, dass die Analyse an den falschen Problemstellen ansetzt und zudem reichlich überzogen ist. Dabei hilft es keineswegs, dass die Archivaufnahmen, die den Großteil des Films ausmachen, hauptsächlich aus Totalen von Werbebannern aus den 1980er-Jahren oder von Stop-Motion-Aufnahmen von jungen Frauen in Modeketten – ebenfalls circa 1985 – stammen. Wenn ein aktuelles Problem dargestellt werden soll, wirkt ein Pfennig-Preis auf der Cola-Werbung schlichtweg nicht glaubwürdig, sondern hoffnungslos überaltert.

In den zweiten 30 Minuten vollzieht der Film aber eine 180°-Drehung: Anstelle Probleme anzuprangern und pseudo-wissenschaftlich deren Ursachen zu erklären, steht jetzt die Alternative zur Globalisierung, nämlich die Lokalisierung, im Vordergrund. Man merkt, dass sowohl Helena Norberg-Hodge als auch die Interviewpartner hier sehr leidenschaftlich bei der Sache sind – und, siehe da: Die Glaubwürdigkeit des Filmes ist sofort wiederhergestellt. Die Vorteile von lokalem Wirtschaften, lokalem Einkaufen und lokalen Investitionen zeigen sich klar. Zwar stört die plötzliche „Wir-machen-einen-Freudentanz“-Musik, aber dennoch: Der zweite Teil des Films ist wirklich aufheiternd und vielleicht sogar hier und dort inspirierend.

Hätten die Filmemacher also nur die erste Hälfte auf ein wesentlich ausgeglicheneres Minimum reduziert und die zweite Hälfte des Films voll ausgedehnt, wäre ihnen ein wirklich schöner Dokumentarfilm gelungen. So bleibt Die Ökonomie des Glücks ein mittelmäßiger Beitrag zur allgemeinen Globalisierungskritik, der über seine eigene Übermotiviertheit stolpert.

Die Ökonomie des Glücks

Was bedeutet Globalisierung? Was beinhaltet sie? Wer profitiert davon, wer ist der Leidtragende? Die schnelle Beantwortung dieser Fragen ist ein wesentlicher Teil von „Die Ökonomie des Glücks“. Was man allerdings nicht von diesen Antworten erwarten sollte, ist eine ausgeglichene, nüchterne Analyse der Problematik.
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