Die Marquise von O...

Eine Filmkritik von Stefan Otto

Der Kleist von R...

Dass Eric Rohmer ein Filmer mit großem literarischen Interesse ist, ist bei einem Blick auf sein Werk leicht zu bemerken. Nicht nur, dass er selbst einen Roman (Elisabeth) verfasst hat, auch hat er Perceval le Gallois von Chrétien de Troyes verfilmt und Les Amours d’Astrée et de Céladon von Honoré d’Urfé. Er hat Heinrich von Kleists Stück Das Käthchen von Heilbronn auf der Bühne inszeniert und seine Novelle Die Marquise von O… in einen stimmigen Film übersetzt.

Rohmer bleibt nah bei Kleists Text von 1808 und er erzählt auch fast die ganze Geschichte, was bei der Verfilmung einer Novelle freilich einfacher zu bewerkstelligen ist, als bei einer filmischen Umsetzung, sagen wir, der Buddenbrooks. Das Resultat ist eine rundum gelungene, werktreue und damit vorbildliche Literaturverfilmung.

Der Obrist Lorenzo (Peter Lühr) ist bereit, seine Zitadelle zu verteidigen, als seine Tochter Julietta (Edith Clever), die Mutter zweier Kinder und schon Witwe ist, in die Gewalt russischer Soldaten fällt. Ein Graf und Obristleutnant (Bruno Ganz) befreit und beschützt sie und vergeht sich gleichwohl unbemerkt an ihr. Er will die Marquise eilends heiraten, doch die Familie sieht sich dadurch unter Druck gesetzt. „Es tut mir leid“, sagt die Marquise, „dass meine Dankbarkeit auf eine so harte Probe gestellt wird.“ Sie wird unpässlich. Ein Arzt und eine Hebamme (Ruth Drexel in einer kleinen Rolle) stellen ihre Schwangerschaft fest. Von ihrem Vater wird Julietta des Hauses verwiesen. Sie begibt sich auf ihren Landsitz, wo der Graf seinen Antrag wiederholt. Als ihr klar wird, dass er sie schwängerte, verstößt sie ihn erst und heiratet ihn dann doch.

Rohmers Film ist trotz der alten Vorlage kaum theaterhaft, sondern durchaus filmisch. In Kostüm und Ausstattung ist Die Marquise von O… (1976) nicht weit von den mittlerweile so zahlreichen Jane-Austen-Verfilmungen entfernt, aber die Schauspieler (darunter noch Otto Sander als Bruder der Marquise und Edda Seippel als ihre Mutter) bewegen sich so natürlich, als trügen sie immer solche Kleidung, als sie säßen sie immer auf solchen Stuhlen in solchen Räumen, und sie reden so, als sprächen sie immer die sehr klare und treffende Sprache Kleists, die heute trotzdem auch umständlich scheint.

Auf DVD nur auf deutsch und bis auf den Trailer leider ohne Extras.
 

Die Marquise von O...

Dass Eric Rohmer ein Filmer mit großem literarischen Interesse ist, ist bei einem Blick auf sein Werk leicht zu bemerken.

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