Die Kinder des Señor Noble

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Vom Geschäftsmann zum Vater

Die titelgebenden Figuren sind verwöhnte Kinder, die in ihrem Leben noch nicht einen Tag gearbeitet haben, sondern ihren Tag damit verbringen, die Hausangestellten anzuschnauzen, wilde Feste zu feiern, sich zu berauschen und wirre Ideen zu entwickeln, aber keine davon umzusetzen. Ihr Vater hat es satt, seinen drei Kindern dabei zuzuschauen, wie sie ihre Zeit vergeuden. Doch als er ihnen eine Lektion erteilen will, ist es vor allem er selbst, der geläutert aus der Aktion herausgeht. Die Kinder des Señor Noble erzählt eine klassische Upper Class-Geschichte in einer lateinamerikanischen Großstadt, leider aber etwas zu klassisch, mit einigen Längen und nur wenig überzeugend.
Besagter Señor Noble (Gonzalo Vega) ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und bemühter Vater, zumindest macht er manchmal diesen Eindruck. Seit seine Frau gestorben ist, entgleiten ihm aber die Dinge. Einerseits kommt Germán nicht über den Tod seiner Frau hinweg, kann nicht loslassen, positioniert immer wieder neu das Bild auf dem Nachttisch und spricht täglich mit dem Konterfei der Verstorbenen. Andererseits regen ihn die Eskapaden seiner Sprösslinge immer mehr auf. Die eigentlich schon erwachsenen Kinder erscheinen ihm als verwöhnte Nichtsnutze und Tagträumer, die ihr Leben nicht in den Griff bekommen: Charlie (Juan Pablo Gil) studiert nur leidlich, Javi (Luis Gerardo Méndez) vertut jede Chance, im Unternehmen des Vaters Fuß zu fassen, weil er seinen eigenen — allerdings ziemlich unrealistischen — Projekten nachhängt, und als Bárbara (Karla Souza) sich mit einem unsympathischen, unfähigen jungen Mann verloben möchte, läuft für Vater Germán das Fass über.

Er will seinen Kindern zeigen, was das Leben ist und dass sie selbst etwas erreichen können. Er inszeniert einen Skandal, lässt die Handys und Kreditkarten sperren und verbarrikadiert sich mit den Kindern im heruntergekommenen Haus, das sie vom Großvater geerbt haben und das bisher keiner haben wollte. Charlie, Javi und Bárbara sind schockiert, ihr vertrautes Leben hat sich von jetzt auf nachher in Luft aufgelöst. Plötzlich müssen sie ihre Wäsche von Hand waschen und das Haus soweit in Schuss bringen, dass sie darin übernachten können. Sie sollten sich Jobs suchen und Geld verdienen, rät der Vater, und auch damit tun sich die drei jungen Erwachsenen schwer. Was ihnen zunächst schwer fällt, entwickelt sich aber mit der Zeit, sie entdecken neue Seiten an sich selbst und schließen neue Freundschaften. Sie scheinen es zu schaffen, und dann fliegt das Spiel des Vaters auf.

Der Debütfilm von Gary Alazraki, der auf Buñuels Der große Lebemann aus dem Jahr 1949 basiert, startet als Film über die verzogenen Kinder einer High Society und wird dann zum Vater-Kinder-Konflikt. Der Vater war es, der nie da und nur mit sich selbst beschäftigt war, der nicht zugehört, zugeschaut und gesehen hat, wo das Potenzial seiner Kinder liegt. Das werfen diese ihm dann auch vor. Und plötzlich kein filmisches Wort mehr über die Fehler der Kinder. Was bei Buñuel funktioniert und von Alazraki in der Umkehrung adaptiert wurde, gelingt leider nicht so ganz: Der Fokus-Wechsel ist nicht überzeugend, der Stoff ist zwar ein guter, aber dramaturgisch nicht ganz ausgefeilt.

In Mexiko war Die Kinder des Señor Noble ein großer Kassenerfolg, er wird als Meilenstein für das aktuelle nationale Kino gewertet, das seinen Weg zum Publikum findet und nicht nur schwere Autoren-Kost für die internationalen Festivals hervorbringt. Unterhaltsam ist der Film allemal; er ist an einigen Stellen etwas holprig und zu lang, aber er arbeitet mit Humor und guten Darstellern.

Die Kinder des Señor Noble

Die titelgebenden Figuren sind verwöhnte Kinder, die in ihrem Leben noch nicht einen Tag gearbeitet haben, sondern ihren Tag damit verbringen, die Hausangestellten anzuschnauzen, wilde Feste zu feiern, sich zu berauschen und wirre Ideen zu entwickeln, aber keine davon umzusetzen.
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