Die Erde von oben

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Lähmende Schönheit

Wenn jemand über Fotos einen Film drehen will, dann müssen diese Bilder ihren Betrachter wohl auf ganz ungewöhnliche Weise gefesselt haben. Wer die Luftaufnahmen der Erde von Yann Arthus-Bertrand kennt, kann womöglich diese Sogwirkung nachvollziehen. Tausende Besucher waren von den Bildern der Freiluftausstellung „Die Erde von oben“, die vor einigen Jahren weltweit durch die großen Metropolen tourte, fasziniert. In Paris fesselten die überdimensional großen Bilder einen Betrachter sogar so sehr, dass er jeden Tag aufs Neue den Jardin du Luxemburg aufsuchte. Hier ist von Renaud Delourme die Rede, der sich nach eingehender Bildbetrachtung vorgenommen hatte, eben diese Fotos als Vorlage für seinen ersten Spielfilm in einen filmischen Bildband zu überführen. Vier Jahre hat er an Die Erde von oben gearbeitet und noch mal zwei weitere hat es gedauert, bis der Film jetzt in unsere Kinos kommt.
Wie darf man sich nun diesen verfilmten Fotos vorstellen? Da sind zunächst die Bilder. Wer die noch nicht kennt, kann sich freuen, diese auf großer Leinwand zu goutieren. Ein reinster Augenschmaus die Draufsichten auf ewige Gletscher, von türkisfarbenem Wasser umsäumte Korallenriffe, endlose Wüsten, Felder voller Baumwollballen, tropische Regenwälder, pastellfarbene Marschlandschaften und explodierende asiatische Megacities. Die vor Schönheit strotzenden Bilder werden mit Klängen des Musikers Armand Amar unterlegt, der eine furiose Melange aus indischen Flöten, japanischer Perkussion, Streichinstrumenten und Klavier komponiert hat. Und da ist zu guter Letzt der Dialog zwischen Vater und Sohn, der um die biblische Schöpfungsgeschichte kreist und dem kleinen Jungen Antworten auf seine beharrlichen Fragen nach dem „Warum“, „Wer sind wir“, „Woher kommen wir“, „Wohin gehen wir“ gibt. Daran angelehnt, gliedert sich der Film in die sieben Kapitel „Genesis“, „Mensch“, „Sinne“, „Babel“, „Das Chaos und die Ordnung“, „Zivilisation“ und „Terra Incognita“. Die beiden mögen sich die Bilder vorm Einschlafen anschauen, doch wir hören nur ihre Fragen und Antworten währenddessen sich ein Bild ums andere vor unseren Augen abspult.

Da mögen die Ansichten und Klänge noch so einvernehmlich schön sein, ein Funke springt nicht über. Ein redseliger Film mit aufgesetzten und belehrenden Vater-Sohn-Dialogen, statt allein die Bilder und Töne sprechen zu lassen. Doch dieses Wagnis wollte der Regisseur offenbar nicht eingehen. Mit den Wünschen, die das Kino erfüllen kann, hat diese Abfolge von Filmstills leider nichts zu tun.

Die Erde von oben

Wenn jemand über Fotos einen Film drehen will, dann müssen diese Bilder ihren Betrachter wohl auf ganz ungewöhnliche Weise gefesselt haben.
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