Die chinesischen Schuhe

Eine Entdeckungsreise zwischen Tradition und Aufbruch

Hedwig und Fritz Weiss lebten und reisten am Anfang des 20. Jahrhunderts in China. Zu dieser Zeit war Fritz Weiss Konsul des deutschen Kaiserreichs. Seine Gemahlin Hedwig Weiss war eine abenteuerlustige Frau, die schon immer von zu Hause weg wollte und sich voller Neugier auf das exotische Land stürzte. Im September 1911 machten sich die beiden auf den Weg zur neuen Dienststelle im entlegenen Westen Chinas, den Jangtse stromaufwärts bis Chongqing. Im Frühjahr 1912 reisten sie weiter zum Amtssitz in Chengdu, Sichuan, wo sie im April 1912 ankamen. Während dieser Fahrt hatte im Oktober die bürgerliche Revolution unter Sun Yat Sen begonnen. Als Hedwig und Fritz Weiss in Chongqing und Chengdu ankamen regierte der chinesische Kaiser schon nicht mehr. Interessiert an den technischen Errungenschaften ihrer Zeit, haben sie Kameras dabei, auf einem der ersten Edison Phonographen nehmen sie Lieder der Jangtse Treidler auf. Sie erleben eine Zeit, in der sich politisch vieles ändert: das Ende des Kaiserreiches, die ersten Jahre einer zum Untergang bestimmten Republik.

Beinahe hundert Jahre später, im Spätsommer 2002 hat sich Tamara Wyss, die Enkelin der deutschen Diplomaten mit einigen gut erhaltenen Bildern aus dem Album ihrer Großeltern und mit deren Tagebuch auf den Weg gemacht, um den Weg jener Reise und der Vergangenheit nachzuspüren. Immer wieder hält sie an, sucht die Orte auf den Bildern, fragt Menschen, wo sie sich befindet, trifft auf Menschen, die die Nachfahren jener sein könnten, die auf den Photographien zu sehen sind. Der Film ist nicht nur die Rekonstruktion einer Reise zu einer Zeit, als solche Unternehmungen noch ein echtes Abenteuer waren, sondern auch die Dokumentation einer Kulturlandschaft, die sich kurz nach Beendigung des Films dramatisch verändern sollte. Denn der "Drei Schluchten"-Staudamm, der wenig später eröffnet werden soll, hat die Landschaft bereits verändert, viele Häuser sind schon abgerissen und zahlreiche Familien umgesiedelt, die letzten packen gerade ihr Hab und Gut zusammen. Insgesamt sind es rund zwei Millionen Menschen, die auch diese Art und weise ihre Heimat verlieren.

So ist durch den Vergleich der Vergangenheit mit der Gegenwart zu spüren, welche enormen Veränderungen das Reich der Mitte in den vergangenen knapp hundert Jahren durchmachen musste. Die beschaulichen Stadtansichten vom Anfang des 20. Jahrhunderts sind längst modernen Skylines gewichen. Und die chinesischen Schuhe, die die Großmutter einst als Andenken mitbrachte, sind nichts weiter als Reminiszenzen an eine Zeit, die längst vorüber ist.

Die chinesischen Schuhe ist ein stiller, beinahe meditativer Film, mit Sicherheit keine leicht zu konsumierende Dokumentation, sondern ein Werk, das großes Interesse am Reich der Mitte voraussetzt.

Die chinesischen Schuhe

Hedwig und Fritz Weiss lebten und reisten am Anfang des 20. Jahrhunderts in China. Zu dieser Zeit war Fritz Weiss Konsul des deutschen Kaiserreichs.

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