Die 12 Geschworenen

Eine Filmkritik von Martin Beck

Einer gegen 11

Ein weiterer Klassiker erreicht deutsche Blu-Ray-Ufer und verdient spätestens jetzt alle Lobeshymnen dieser Welt. Die 12 Geschworenen ist einer der besten Gerichtsfilme überhaupt, ein zeitloses Drama über Schuld und Vorurteile, das über seine ungemein dichte, schweißtreibende Atmosphäre auch als Thriller bestehen kann.
Das große Thema des Films ist der rechtliche Grundsatz, dass ein Angeklagter so lange unschuldig ist, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren nachgewiesen ist. Was zu Beginn der Handlung, die erst nach dem Gerichtssaal einsetzt, eigentlich bereits durch ist: Der angeklagte junge Schwarze hat auf jeden Fall seinen Vater ermordet – und nur einer der 12 Geschworenen, Nummer 8 (Henry Fonda), hegt daran Zweifel.

Da amerikanische Gerichte einstimmige Urteile fordern, entspinnt sich nun eine hitzige, leidenschaftliche Diskussion, bei der vieles in Frage gestellt wird, Vorurteile auf den Prüfstand kommen und letztendlich ein zweiter Prozess entsteht. Der Angeklagte hier: das amerikanische Rechtssystem. Die zugrunde liegende Beweisführung: eine intensive Studie divergierender Gesellschaftsschichten und Lebensauffassungen.

Nach und nach kippt die Meinung der 12 Geschworenen, scharfsinnige Beobachtungen und feine Details erlangen ungeahnte Bedeutungen, hitzige Rededuelle zeugen von ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn. Die 12 Geschworenen war eigentlich zuerst ein Fernsehfilm (von Franklin J. Schaffner), der auch unter Sidney Lumet, der hier sein Regiedebüt feiert, auf äußerst begrenztem Raum spielt. Das Hinterzimmer des Gerichts ist über weite Strecken der einzige Handlungsort, die beengenden Wände sorgen noch zusätzlich für eine aufgeladene Stimmung.

Was Sidney Lumet aus diesem Setting herausholt, ist schlichtweg atemberaubend. Auch er war zuvor beim Fernsehen tätig und entwickelt demzufolge seine Dynamik ausschließlich über Gesichter, Charaktere und Dialoge, immer unterstützt durch die exzellente Kamera von Boris Kaufman. Basierend auf einer einfachen Idee, entwickelt sich dabei eine packende Energie, die von dem kongenialen Schauspieler-Ensemble, angeführt von Fonda, Lee J. Cobb, Ed Begley und E.G. Marshall, phänomenal dargestellt wird.

Die 12 Geschworenen ist einer jener Hollywood-Filme, an denen keiner vorbeikommt. Ausgehend von einem heutzutage dezent plakativen Liberalismus, macht Lumet all das richtig, was seine herausragende Karriere noch oft kennzeichnen sollte: intelligentes, erwachsenes Kino, das unbequeme Themen behandelt und dennoch zugänglich bleibt. So ein Film ist auf Blu-Ray natürlich ein Selbstläufer, wobei die exzellente Bild- und Tonqualität durchaus zuträglich ist. Etwas schade ist, dass die Extras der Criterion-BD, die unter anderem auch die TV-Version des Films enthält, nur teilweise übernommen wurden, und richtig ärgerlich ist die deutsche Covergestaltung, die tatsächlich Parallelen zu Ocean’s 11 erkennen lässt.

Aber was soll’s: Zähne zu und durch. Die 12 Geschworenen muss man einfach gesehen haben.

Die 12 Geschworenen

Ein weiterer Klassiker erreicht deutsche Blu-Ray-Ufer und verdient spätestens jetzt alle Lobeshymnen dieser Welt. „Die 12 Geschworenen“ ist einer der besten Gerichtsfilme überhaupt, ein zeitloses Drama über Schuld und Vorurteile, das über seine ungemein dichte, schweißtreibende Atmosphäre auch als Thriller bestehen kann.
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