Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Ein Gangster-Film ganz ungewohnter Art

Da findet sich in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts im ländlichen Hessen eine Rotte von Männern zusammen, die aus tiefer Armut heraus das Vorhaben angreift, die Steuergelder des Landesfürsten in ihren Besitz zu bringen. Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach von Volker Schlöndorff, der das Drehbuch zu diesen authentischen Begebenheiten gemeinsam mit Margarethe von Trotta schrieb, die auch in einer kleineren Rolle zu sehen ist, mutet eine gute Strecke lang wie ein humorig-trockenes, dann aber doch wieder sehr ernstes Schelmenstück an, das diese Kategorie gegen Ende dann auch verlässt, um die bitteren historischen Ereignisse angemessen zu repräsentieren.

Der wandernde Kleinhändler David Briel (Wolfgang Bächler) scharrt unauffällig eine Gruppe von unzufriedenen, verarmten Bauern und Tagelöhnern um sich, um den aus einem kleinen offenen Wagen, ein oder zwei Begleitsoldaten und der verheißungsvollen Truhe bestehenden Geldtransport des Fürsten zu überfallen. Es ist geradezu rührend mitanzusehen, wie moralisch möglichst korrekt diese einfachen Menschen den Raub planen, der ihnen allen eine sorgenfreie Zukunft bescheren könnte. Die scheinbar entschlossenen Mannen treffen sich beim Bauern Hans Jacob Geiz (Georg Lehn), dessen Söhne Heinrich (Reinhard Hauff) und Jacob (Karl-Josef Kramer) ebenfalls mit von der Partie sind, und theoretisch steht der Schlachtplan fest. Doch als sie nach stundenlangem Gang durch die Wälder am erwählten Ort des Zugriffs ihre Positionen einnehmen und der Wagen die strategisch günstige Stelle passiert, ereignet sich das Unvorhersehbare: Der Überfall bleibt schlicht aus. Die Bande verharrt in ihrem Versteck, und niemand wagt es, den ersten Schritt zu tun oder das erste Kampfgeschrei ertönen zu lassen, und die Stille weicht erst, als der Transport bereits außer Hörweite ist – keine unwahrscheinliche Erscheinung; wer kann schon sagen, ob nicht die meisten geplanten Überfälle auf diese Art gar nicht erst beginnen …

Ist auch die Premiere gescheitert, schmeißen die sich wacker erneut aufraffenden Verschworenen ihre Knüppel keineswegs in den Wald, sondern ersinnen ihr konkretes Vorgehen noch präziser, und nach dem zweiten, dritten, vierten und so fort missglückten Ansatz professionalisieren sie sich zusehends, ein Begleitsoldat wird sogar zum Komplizen gemacht. Die Beharrlichkeit der Rotte, von denen einer dann doch lieber aussteigt, zahlt sich letztlich in klingender Münze aus: Der Raubzug gelingt, unblutig wie geplant, und von nun an hat die ungerechte Bedürftigkeit des harten Lebens ein Ende. Vorläufig zumindest, denn mit der Zeit greifen auch die Nachforschungen in diesem Fall unter der Leitung des scharfen Richters Danz (Wilhelm Grasshoff) immer enger, und die nunmehr wohlhabenden Ganoven fallen durch unvermittelten Reichtum auf …

Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach stellt einen sicherlich altmodischen, doch sorgfältig und klug in Schwarzweiß inszenierten Film in ebenso gewöhnungsbedürftiger wie erfrischender Kargkeit dar, dessen witzige und gewiefte Details einen ansprechenden Kontrast zur Ernsthaftigkeit des existentiellen Themas der einfachen Menschen bilden, die aus ihren alltäglichen Nöten heraus zu Kriminellen werden – ein Gegenstand, der angesichts der zunehmenden Armut in der heutigen Gesellschaft brandaktuell erscheint.
 

Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach

Da findet sich in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts im ländlichen Hessen eine Rotte von Männern zusammen, die aus tiefer Armut heraus das Vorhaben angreift, die Steuergelder des Landesfürsten in ihren Besitz zu bringen.

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