Der Dieb der Worte

Eine Filmkritik von Silvia Bahl

Die Kopie einer Kopie

Literatur und Film haben ein zwiespältiges Verhältnis zueinander, beide sind Erzählformen, die Parallelen aufweisen, aber auch gravierende Unterschiede. Eine gewaltsame Kombination funktioniert nicht und so wirkt der Debütfilm der Schauspieler und Autoren Brian Klugman und Lee Sternthal (Tron: Legacy) auf desaströse Weise hölzern und künstlich. Es gelingt ihnen weder die literarische Verschachtelung der Geschichte in interessante Bilder zu übersetzen, noch den Figuren Glaubwürdigkeit und Tiefe zu verleihen. So bleibt das eigentlich sehr spannende (und offensichtlich ja auch aktuelle) Thema des Plagiatsvorwurfes nur Staffage in einem an Kitsch kaum zu überbietendem Melodram, welches das Talent seiner Darsteller verschenkt.
Die äußere Rahmenhandlung bildet eine Lesung des in die Jahre gekommenen, erfolgreichen Romanautors Clay Hammond (Dennis Quaid), der sein Buch The Words einem breiten Publikum vorstellt. Und mit Vorstellen ist Vorlesen gemeint. Wie eine russische Matroschka-Puppe entfaltet sich die nächste Erzählebene in Form des Buchinhalts, deren Hauptfiguren der junge, aber erfolglose Schriftsteller Rory Jansen (Bradley Cooper) sowie seine schrecklich verliebte Verlobte Dora (Zoe Saldana) bilden. Das unfassbar nervtötende „Stilmittel“ besteht hier darin, dass Clay als Off-Erzähler die gesamte Zeit weiter anwesend bleibt und in schwülstiger Sprache kommentiert, was wir ohnehin sehen.

Konstanter Voice-Over ist immer eine heikle Angelegenheit – aber wenn er nicht einmal in Kontrast zu den Bildern eingesetzt wird, sondern nur zu deren melodiöser Untermalung, fängt man stellenweise an sich fremdzuschämen, wie zum Beispiel bei Phrasen wie: „…er wollte noch einmal spüren, wie es sich anfühlt…“. Auch die bedingungslose Leidenschaft des Pärchens, das trotz des brotlosen Schriftstellerdaseins ein ziemlich schickes New Yorker Apartment bewohnt, enerviert durch aufgesetzte Gesten und pathetische Liebesbeweise.

Konfliktreich ist hier nur die Tatsache, das Rory einfach keinen Verlag findet, der ihn veröffentlichen will, weil seine Arbeiten „zu viel Innerlichkeit“ aufweisen würden — was bei der Flachheit dieses Films tatsächlich blanke Ironie ist. Niemanden interessiert, was er der Welt zu sagen hat und so muss er sich immer wieder Geld von seinem Vater (J.K. Simmons) leihen, der ihn demütigenderweise auffordert, sich einen anständigen Beruf zu suchen.

Das Blatt wendet sich, als Dora ihm in den Pariser Flitterwochen eine alte Aktentasche aus einem Antiquitätenladen schenkt. In einem Seitenfach findet Rory ein vergilbtes Manuskript zu einem Roman, der so fesselnd ist, dass er ihn komplett verschlingt. Nach anfänglichem Zögern fasst er einen folgenreichen Entschluss: Er schickt seinem Verleger die abgetippte Fassung unter seinem Namen. Und das Unglaubliche passiert — The Window Tears wird ein Welterfolg, der Millionen Menschen zutiefst berührt. All das könnte ganz fantastisch sein, wenn nicht eines Tages ein bedrohlicher alter Mann (Jeremy Irons) auftauchen würde, der sich als wahrer Autor des Werks erweist.

Eigentlich ein hervorragendes Ausgangsszenario für einen Erpressungsthriller oder ein Drama über ein moralisches Dilemma. Aber Klugman und Sternthal entscheiden sich stattdessen dafür, Jeremy Irons einfach noch eine Geschichte erzählen zu lassen, die Geschichte des plagiierten Buches, die noch öder ist, als die beiden anderen Handlungsstränge und es ziemlich unglaubwürdig erscheinen lässt, dass es sich hier um ein derartiges Meisterwerk handelt, welches jeden Leser sofort zu Tränen rührt. Und auch hier wieder der berüchtigte Voice-Over des Todes. Als das Finale wieder zur Rahmenhandlung springt, die man bis dahin schon wieder vergessen hat, bietet sich auch keine in irgendeiner Form überraschende Auflösung oder ein spannendes Fazit.

Für einen Film, der sich offensichtlich mit der Macht der Sprache und ihren Facetten auseinandersetzen will, bleibt Der Dieb der Worte erstaunlich ideenlos und uninspiriert, fast so wie der diebische Autor selbst.

Der Dieb der Worte

Literatur und Film haben ein zwiespältiges Verhältnis zueinander, beide sind Erzählformen, die Parallelen aufweisen, aber auch gravierende Unterschiede. Eine gewaltsame Kombination funktioniert nicht und so wirkt der Debütfilm der Schauspieler und Autoren Brian Klugman und Lee Sternthal („Tron: Legacy“) auf desaströse Weise hölzern und künstlich. Es gelingt ihnen weder die literarische Verschachtelung der Geschichte in interessante Bilder zu übersetzen, noch den Figuren Glaubwürdigkeit und Tiefe zu verleihen.
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