Der Dieb

Eine Filmkritik von Mike Swain

Was hat ein Kind, wenn sein Vater ein Dieb ist?

Die Sowjetunion Anfang der 50er Jahre: Noch regiert der Diktator Stalin das Land mit eiserner Faust und auch die Wunden des Großen Vaterländischen Krieges sind allgegenwärtig und nicht vernarbt. Der kleine Sanja (Misha Philipchuk) lebt zusammen mit seiner Mutter Katja (Ekaterina Rednikova) in ärmlichen Verhältnissen. Sanjas Vater, ein Soldat, starb bereits kurz nach seiner Geburt. Als die beiden auf einer Zugfahrt den Rotarmisten Tolja (Vladimir Mashkov) kennen lernen, bringt er Katja und Sanja dazu, gemeinsam mit ihm dem Rest der Welt eine glückliche Familie vorzuspielen, um eine passable Unterkunft zu finden.
Tolja macht sich bei der Hausbesitzerin und den restlichen Bewohnern sofort beliebt, denn er ist charmant, sieht gut aus, weiß sich zu benehmen und macht kleine Geschenke. Auch Katja findet findet Gefallen an dem jungen Soldaten. Zunächst ist Sanja eifersüchtig auf den Mann, der so viel Aufmerksamkeit und Liebe von seiner Mutter erhält. Doch langsam beginnt auch er Tolja zu mögen. Er wird für ihn zu der Vaterfigur, die er so lange herbei gesehnt hat und die ihn auf strenge, aber liebevolle Weise die rudimentären Dinge des Lebens lehrt. Tolja jedoch weiß mit der plötzlich gewonnenen Zuneigung Sanjas nicht wirklich etwas anzufangen. Schließlich wird Katja und Sanja bewusst, dass Tolja ein vollkommen anderer ist, als er vorgibt — ein trickreicher Dieb, der ihre Schwäche, Einsamkeit und die Sehnsucht nach Geborgenheit nur missbraucht hat. Doch einmal in Toljas Bann geraten, gibt es so einfach keinen Ausweg mehr aus einem zerstörerischen Strudel aus Diebstahl und Flucht, der sie nacheinander ins Verderben reißen wird.

Der Zweite Weltkrieg war zwar schon etliche Jahre vorbei – doch die Leidenszeit der sowjetischen Bevölkerung war es noch lange nicht. Während Stalins Regierungszeit wurden vermeintliche und tatsächliche politische Gegner sowie Millionen von Sowjetbürgern und ganze Volksgruppen besetzter Gebiete in Strafarbeitslager deportiert und ermordet. Die Zahl der Opfer politischer Verfolgung lag in den Millionen. Vor diesem düsteren politischen Hintergrund inszenierte Pawel Tschuchrai aus der Sicht eines Kindes ein packendes und zugleich berührendes Drama über das Überleben in der UDSSR zum Ende der Regentschaft Stalins.

Der eindringliche Film wurde 1998 als Bester Ausländischer Film für den Oscar und den Golden Globe nominiert und 1997 gleich mit drei Preisen auf den Filmfestspielen von Venedig bedacht.

Der Dieb

Die Sowjetunion Anfang der 50er Jahre: Noch regiert der Diktator Stalin das Land mit eiserner Faust und auch die Wunden des Großen Vaterländischen Krieges sind allgegenwärtig und nicht vernarbt.
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