Der Admiral - Krieg im Pazifik

Kampf um den Frieden

Wie auch immer man zu Michael Bays aufgemotztem Kriegsepos Pearl Harbour steht, eines ist unbestritten. Er präsentiert die amerikanische Sichtweise auf den einschneidenden Angriff der Japaner, der beide Nationen in den Zweiten Weltkrieg zog. Izuru Narushimas Der Admiral — Krieg im Pazifik ist in vielerlei Hinsicht eine Art Antithese zu Bays überbordendem Spektakel. Einerseits bildet die Bombardierung des amerikanischen Marinehafens Pearl Harbour nur einen Baustein in der Chronologie der Schlachten, die in Der Admiral eine Rolle spielen, andererseits fokussiert Narushima stärker auf die Begleitumstände der jeweiligen Auseinandersetzungen. Die Kampfhandlungen selbst erhalten nur wenig Raum. Stattdessen überragt die Figur des Admirals Yamamoto Isoroku, der als Oberbefehlshaber der Vereinigten Flotte die japanischen Geschicke im Pazifikkrieg lenkte, alles andere.
Der Film steigt in den 1930er Jahren ein, als Yamamoto (Kôji Yakusho) eine gehobene Stellung im Marineministerium innehat. Auf politischer Ebene setzt er sich für militärische Zurückhaltung ein, da er einen Krieg mit den USA fürchtet. Deswegen bekämpfen er und seine Mitstreiter das Dreimächteabkommen, das Japan zu Verbündeten mit Deutschland und Italien machen würde. Aber die innenpolitische Lage spitzt sich so weit zu, dass seine Bemühungen erfolglos bleiben. Nach der Unterzeichnung des Paktes im Jahr 1940 ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Spannungen mit den USA die diplomatische Bühne zugunsten der Kampfverbände verlassen werden. Deswegen denkt Yamamoto, dessen Pflichtgefühl einen Rückzug ins Private nicht zulässt, über die richtige Strategie nach. Er will die Amerikaner mit einem entscheidenden Schlag so weit Schwächen, dass Japan in der Lage ist, eigene Positionen in Friedensverhandlungen durchzusetzen. Yamamoto will keinen Krieg, sondern einen schnellen Sieg. Aber der Angriff auf Pearl Harbour verläuft nicht so erfolgreich, wie er sich das vorgestellt hat. Deswegen muss er seine Strategie den neuen Verhältnissen immer wieder anpassen und gerät in einen langwierigen Krieg.

Das filmische Porträt des Flottenoberbefehlshabers Yamamoto konzentriert sich auf die Darstellung einer integren Persönlichkeit, die sich für den Frieden einsetzt, aber im Krieg landet. Ob Yamamoto nun gegen militärische Großmachtpläne war, weil er den Kampf tatsächlich ablehnte, oder ob er nur die Stärke seines Landes für zu gering hielt, um bestehen zu können, ist eine Frage für Historiker. Auf die Bewertung des Films hat das keinen Einfluss, sofern die Ereignisse im Wesentlichen passen, und das ist der Fall.

Die historische Gemengelage aus innerjapanischen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft im eigenen Land und den Spannungen zu anderen Nationen, die bereits zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit China geführt hatten, bringen Yamamoto in eine Dilemmasituation. Alles läuft auf einen Krieg hinaus, den er nicht will. Dennoch spannt er sich als pflichtbewusster Militär vor den Kriegskarren, nachdem die Entscheidung dafür getroffen worden ist. Der großartigen schauspielerischen Leistung Kôji Yakushos ist es zu verdanken, dass dieser moralische Spagat gelingt. Mit ruhiger Körpersprache, freundlichem Blick und einer in sich gekehrten Nachdenklichkeit verleiht Kôji Yakusho diesem Yamamoto eine ganz und gar friedliche Aura, die keinen Zweifel an seinen redlichen Absichten aufkommen lässt. Gegenüber Untergebenen verhält er sich nicht von oben herab, sondern integriert sie auf mitfühlende Weise in die Gemeinschaft. So geht er bei einem Essen unter Offizieren auf persönlich-familiäre Aspekte eines rangniedrigen Soldaten ein, der von außen hinzukommt. Yamamoto interessiert sich für das Wohl der Menschen, lautet die Botschaft einer solchen Szene, die den Admiral im Verbund mit seiner Friedensrhetorik zu einem idealen Militärvertreter voller moralischer Integrität stilisiert.

Trotz der positiven Darstellung Yamamotos verfällt der Film nicht in eine billige Idealisierung jeder seiner Handlungen. Stattdessen verweisen subtile Gestaltungseffekte auf die Konflikte, die sich in seinem Inneren abspielen. Als der Angriffsplan auf Pearl Harbour zum ersten Mal auf den Tisch geworfen wird, an dem sich ein einsam sitzender Yamamoto befindet, begleiten dezente, aber unruhig-stampfende Geräusche des Schiffsmotors die Szenerie. Bei späteren Lagebesprechungen der militärischen Führung tauchen ähnliche Klänge auf. Die dräuende Tonkulisse verhindert die Harmonie der Stille, die dem Vorhaben einen anderen Charakter verliehen hätte. Stattdessen erzählt die Unruhe von der Unsicherheit, das Richtige zu tun. Der Kampf als Mittel für den Frieden wird dadurch infrage gestellt. Einfache Antworten auf das moralische Dilemma gibt Der Admiral nicht.

Dazu passt auch die konsequente Perspektive auf die Hauptfigur, die nur bei kurzen Ausflügen zu direkten Kampfhandlungen verlassen wird. Der Angriff auf Pearl Harbour oder die spätere Attacke gegen die amerikanisch kontrollierten Midway-Inseln werden nicht in groß angelegte Schlachtszenarien gegossen, sondern zurückhaltend aufbereitet. Kurze Bilder der jeweiligen Luftschläge stehen neben längeren Aufnahmen der Führungsebene um Yamamoto, der sich auf einem mehrere Meilen vom Kampfort entfernten Schiff befindet. So wird dem Zuschauer die relativ abstrakte Wahrnehmung der Ereignisse aufgezwungen, die auch der Oberbefehlshaber hat. Gewalt, Zerstörung und das Leid des Krieges tauchen hauptsächlich in Funksprüchen über die Folgen der Angriffe auf. Das nimmt dem Drama zwar die Möglichkeit, in bombastischen Anklagebildern zu schwelgen, aber dafür vermittelt es die Schwierigkeit, ein Verhältnis zum Krieg zu entwickeln. Diese Aufgabe übernimmt Yamamoto-Darsteller Kôji Yakusho, dessen Gesicht selbst dann eine innere Zerrissenheit ausdrückt, wenn es fast unbeweglich ist. Sein Blick, der immer nach außen und nach innen gerichtet ist, entfaltet eine zweifelnde Nachdenklichkeit, die Raum für unauflösbare Widersprüche lässt.

Stefan Dabrock

Der Admiral - Krieg im Pazifik

Wie auch immer man zu Michael Bays aufgemotztem Kriegsepos „Pearl Harbour“ steht, eines ist unbestritten. Er präsentiert die amerikanische Sichtweise auf den einschneidenden Angriff der Japaner, der beide Nationen in den Zweiten Weltkrieg zog. Izuru Narushimas „Der Admiral — Krieg im Pazifik“ ist in vielerlei Hinsicht eine Art Antithese zu Bays überbordendem Spektakel.
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