Log Line

Vorhang auf für das zweite Abenteuer des zynischen, Sprüche klopfenden Deadpool, der 2016 das Superheldengenre durcheinanderwirbelte. Ob Hauptdarsteller Ryan Reynolds auch dieses Mal mit frechem Witz und harter Action punkten kann?

Deadpool 2 (2018)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Das unverwüstliche Lästermaul kehrt zurück

Im Meer der Superhelden sticht der sarkastische, mit starken Heilungskräften gesegnete Deadpool als ein Kuriosum heraus. Nicht nur, weil es bei ihm deutlich blutiger und kompromissloser zugeht als in anderen Comic-Verfilmungen. Auch, weil sein Wissen um die Leinwand und die Zuschauer davor eine ständige Selbstbespiegelung garantiert. Nach dem ersten, größtenteils gelungenen Soloauftritt von 2016 durfte man gespannt sein, ob die Macher ihre rotzig-verspielte Attitüde auch in der Fortsetzung beibehalten würden.

Obwohl Ursprungsregisseur Tim Miller nach kreativen Differenzen mit Hauptdarsteller, Koautor und Produzent Ryan Reynolds durch Actionspezialist David Leitch (Atomic Blonde, John Wick) ersetzt wurde, bietet die zweite Deadpool-Arbeit ähnlich bissige Unterhaltung wie der Vorgänger. Einmal mehr lässt sich festhalten, dass die mit dem X-Men-Filmuniversum verbundene Titelfigur frischen Wind in das manchmal arg konfektionierte Superheldentreiben bringt – selbst wenn nicht alle Gags und Seitenhiebe rundum überzeugen. 

Das neue Abenteuer beginnt mit einer Kamikazeaktion, die der auskunftsfreudige Wade Wilson alias Deadpool (Ryan Reynolds) zu einer kleinen Rückschau nutzt: Während er einen Feldzug gegen diverse Gangsterbanden führt, erlebt der ehemalige Elitesoldat eine private Katastrophe. Just in dem Moment, in dem er und seine Freundin Vanessa (Morena Baccarin) beschließen, eine Familie zu gründen, wird die Liebe seines Lebens von einem rachsüchtigen Verbrecher erschossen, was Wade in eine tiefe Krise stürzt. 

Zu Hilfe kommt ihm schließlich der stählerne Riese Colossus (Stefan Kapičić), der den Gestrauchelten als Trainee in ein X-Men-Team aufnimmt. Bei einem Einsatz in einem Waisenhaus trifft der Neuling auf den Mutanten Russel (Julian Dennison), der unter den Misshandlungen des Heimleiters (Eddie Marsan) zu leiden hat. In Rage macht der Junge nun von seiner Gabe Gebrauch und schleudert aus seinen Händen Feuerbälle durch die Gegend. Statt die Situation zu deeskalieren, heizt der forsche Deadpool die brenzlige Lage weiter an. Mit dem Ergebnis, dass er und Russell verhaftet werden und Metallkrausen erhalten, die ihre Superkräfte blockieren. Als die beiden in einem Hochsicherheitsgefängnis landen, bemüht sich der Waise um das Vertrauen des früheren Söldners, beißt zunächst jedoch auf Granit. Erst nach dem Auftauchen des durch die Zeit reisenden, kybernetischen Cable (gewohnt charismatisch: Josh Brolin), der Jagd auf Russell macht, ändert Deadpool langsam seine Meinung. 

Schon im ersten Teil war der Plot alles andere als preisverdächtig, fiel mit seinem Ritt durch unterschiedliche Genrewelten und seiner düsteren Aufmachung aber dennoch zufriedenstellend aus. Ähnliches gilt für den Nachfolger, wobei die kreativen Köpfe der Handlung, gerade in der zweiten Hälfte, einige überraschende Wendungen verpassen. Grenzen in der Charakterzeichnung tun sich besonders am Beispiel des gequälten Russell auf, dessen tragische Hintergrundgeschichte das Drehbuch leider bloß anreißt. Eine Vertiefung wäre nicht verkehrt gewesen, zumal der minderjährige und übergewichtige Mutant das vorherrschende Bild der athletischen, muskelbepackten Superhelden auf reizvolle Weise unterläuft. Positiv hervorheben lässt sich der Auftritt der Deutsch-Amerikanerin Zazie Beetz, die als schlagkräftige Mutantin Domino wiederholt Akzente setzen darf. 

Überstrahlt werden alle anderen Figuren einmal mehr vom Titelhelden, dessen zynisches, politisch unkorrektes Gebaren Ryan Reynolds erneut äußerst spielfreudig in den Kinosaal transportiert. Mit Deadpool scheint der Kanadier seine Paraderolle gefunden zu haben, weshalb seine umfassende Involvierung in den Entwicklungs- und Produktionsprozess nicht verwundern muss. Wie im Vorgänger wendet sich der um keinen flotten Spruch verlegene Ex-Söldner mehrfach direkt an das Publikum und haut ihm unzählige selbstbezügliche Einsichten um die Ohren, die in alle Richtungen austeilen. Andere Superhelden – besonders Wolverine – werden durch den Kakao gezogen. Die eigene Dramaturgie erfährt eine augenzwinkernde Kommentierung. Und noch dazu gibt es zahlreiche Filmverweise und einen schmissigen Soundtrack, der große Hits ironisch nutzt. 

Dass der Humor nicht immer funktionieren will, manchmal eher selbstzweckhaft und albern wirkt, zeigt sich etwa dann, als Deadpool nach dem Verlust seiner Beine für eine Weile mit den Gliedmaßen eines Kindes zu sehen ist und einen Basic Instinct-Moment geschenkt bekommt. In der Summe überwiegen allerdings die amüsanten Passagen. Da auch die Actionszenen trotz einiger deutlich sichtbarer Computereffekte kompetent choreografiert sind, beschleicht einen am Ende nicht das Gefühl, dass man sich an dem frechen Sprücheklopfer schon sattgesehen hat. Im Kosmos der oft wenig kantigen Superhelden bleibt Deadpool ein interessanter Farbtupfer. 

Deadpool 2 (2018)

Allzu viel ist noch nicht bekannt über die Handlung der Fortsetzung des anarchistischen Superhelden-Abenteuers „Deadpool“, doch es gibt Gerüchte, dass der Muskelprotz Cable eine zentrale Rolle spielen könnte. Hnweise darauf gab es bereits in den Credits von Teil 1. Der Kinostart ist für die erste Jahreshälfte 2018 geplant.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen