Das Gesetz der Ehre

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Bruderkrieg

Als bei einem Einsatz gegen Drogendealer in New York vier Cops in einen Hinterhalt geraten und erschossen werden, steht das gesamte NYPD in Alarmbereitschaft und tut alles dafür, um die Hintergründe aufzuklären. Auf Befehl seines Vaters und Vorgesetzten Francis Tierney sr. (Jon Voight) soll Detective Ray Tierney die Ermittlungen übernehmen – ein Auftrag, den der von einer großen Narbe Gezeichnete nur widerwillig übernimmt. Der Grund für sein Zögern ist einfach: Die getöteten Cops standen unter dem Befehl seines Bruders Francis Tierney jr. (Noah Emmerich) und seines Schwagers Jimmy Egan (Collin Farrell). Und Rays Unbehagen erweist sich als berechtigt, denn er findet heraus, dass die Drogendealer offensichtlich vorher gewarnt wurden – und zwar von einem Cop. Und je weiter Ray in den Sumpf aus Verrat und Korruption innerhalb der eigenen Reihen vordringt, desto mehr verhärtet sich der Verdacht, dass sein eigener Bruder und sein Schwager ebenfalls darin verwickelt sein könnten. Ray muss sich entscheiden – für die Familie oder für das Gesetz…
Regisseur Gavin O’Connor und sein Zwillingsbruder Gregory O’Connor, der den Film produzierte, wissen, wovon sie erzählen, denn die beiden sind die Söhne eines New Yorker Cops und kennen daher den Ehrenkodex und die familiären Bande, die sich in manchen Cop-Familien über ein, zwei oder drei Generationen erstrecken. In Grundzügen erinnern der Film und seine Geschichte an James Mangolds Film Cop Land aus dem Jahre 1997, in dem Sly Stallone eine wirklich beeindruckende schauspielerische Leistung ablieferte.

Auch in Das Gesetz der Ehre / Pride and Glory sind es vor allem die durchweg ausgezeichneten schauspielerischen Leistungen, die voll und ganz überzeugen können. Was man von der Story leider nicht in jedem Moment behaupten kann. Sehr häufig im Verlauf der Ermittlungen erweist sich vor allem „Kommissar Zufall“ als der effektivste Ermittler. Und die Figurenkonstellationen innerhalb des irischstämmigen Polizeiclans sind derart stereotyp, dass – bis auf eine allerdings sehr eindrückliche Szene, in der ein Baby eine wichtige Rolle spielt – kaum eine der Wendungen und Entwicklungen überraschen kann. Der junge Heißsporn, der traumatisierte Cop, der saufende Vater, dazu die flammenden Appelle an Familienzusammenhalt, Loyalität und Selbstschutz – irgendwie hat man das alles schon einmal gesehen; sowohl in Serpico wie auch in dem bereits erwähnten Cop Land. Auch ästhetisch spielt Das Gesetz der Ehre / Pride and Glory kaum je neue Trumpfkarten aus, sondern inszeniert das winterliche New York als morastig-düsteren Abgrund aus Gewalt, Verkommenheit und kontrastierenden, verschwommenen Blinklichtern.

Auch wenn Das Gesetz der Ehre / Pride and Glory ein solide erzählter Film mit exzellenten Schauspielern und einer ernüchternden Absage an die traditionellen amerikanischen Werte ist – etwas weniger Traditionsbewusstsein und mehr Mut zur Abkehr von den Genrekonventionen des Polizeithrillers hätte Gavin O’Connors Werk gut getan. Und dem Zuschauer auch.

Das Gesetz der Ehre

Als bei einem Einsatz gegen Drogendealer in New York vier Cops in einen Hinterhalt geraten und erschossen werden, steht das gesamte NYPD in Alarmbereitschaft und tut alles dafür, um die Hintergründe aufzuklären.
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