Das Geheimnis des blinden Meisters

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine Geschichte von Bruce Lee, posthum verfilmt

Dem bereits zu Lebzeiten zur Legende avancierten Kampfkünstler und Schauspieler Bruce Lee (1940-1973) ist dieses kuriose Martial-Arts-Drama aus dem Jahre 1978 gewidmet. Der Stoff der Geschichte Das Geheimnis des blinden Meisters, der ursprünglich den Arbeitstitel „The Silent Flute“ trug, wurde bereits lange Zeit vor dem frühen Tod von Bruce Lee und seinen Weggefährten James Coburn und Stirling Silliphant ersonnen, jedoch letztlich nicht realisiert. Bis sich der Kameramann Richard Moore dazu entschloss, daraus unter der Mitwirkung von Stirling Silliphant und Stanley Mann als Drehbuchautoren den Film Circle of Iron entstehen zu lassen.
Die Rollen, die Bruce Lee damals für seinen eigenen Einsatz als Darsteller vorgesehen hatte, übernahm im neuen Projekt kein Geringerer als David Carradine, dem unter anderem auch „Dracula“ Christopher Lee und der „glorreiche Halunke“ Eli Wallach als Schauspielpartner einer überwiegend männlichen Ensemble-Riege zur Seite gestellt wurden.

Es ist die klassische Suche nach Erkenntnis oder gar Erleuchtung, die den jungen, ehrgeizigen Kämpfer Cord (Jeff Cooper) antreibt, sich an einem Wettbewerb versierter Gleichgesinnter zu beteiligen, dessen Sieger beauftragt werden soll, den mysteriösen Meister Zetan (Christopher Lee) und sein sagenumwobenes Buch der Weisheit zu finden. Doch der unerfahrene, naive Cord scheitert an ungebührlichem Kampfgebaren, was ihn jedoch nicht daran hindert, dem auserwählten Gewinner Morthond (Anthony De Longis) und seiner Mission nichtsdestotrotz hartnäckig zu folgen. Als Morthond sich bereits früh als unfähig erweist, die erforderlichen Aufgaben im Rahmen seiner Suche zu bewältigen, gibt er sterbend das Medaillon seiner Autorisierung an Cord weiter, der den Weg nun allein fortsetzt. Dabei begegnet ihm immer wieder ein gleichermaßen geschickter wie geheimnisvoller blinder Meister (David Carradine), der Cords unverhohlene Bewunderung und anhängliche Gefolgschaft jedoch zunächst abweist.

Diese genauso geruhsam wie mitunter aktionsreich und durchaus auch humorig gestaltete Parabel über die nahe beieinander liegenden Welten der Kampfkunst und des Zen Buddhismus, deren Botschaft Bruce Lee in die Kinos zu transportieren gedachte, ereignet sich in einem „Land, das es nie gab und immer geben wird“, wie der Vorspann erläutert. Gestalterisch hat Regisseur Richard Moore diese Idee in einem reichlich durchwachsenen Stilmix mit einschlägigen Elementen aus unterschiedlichsten Epochen und Kulturen sowie mit illustren Darstellertypen verschiedenster Ausprägung umgesetzt, wobei der holprige Held Cord mit seiner unsäglichen Vokuhila-Frisur manchmal beinahe bereits wie eine gut gelungene Karrikatur ungeduldiger, westlicher Sinnsuchender wirkt. Die kleinen Gleichnisse, die des Wegs kommen, wie beispielsweise der Mann in Öl (Eli Wallach), der sein Begehren ausschalten will, erscheinen so schlicht wie signifikant und betonen auf diese Weise die unpathetische, entmystifizierende Stimmung des Films.

Ob die beizeiten durch Unebenheiten und Brüche geprägte formale wie inhaltliche Machart von Das Geheimnis des blinden Meisters nun als defizitär oder aber gerade als herausragende Qualität dieses ungewöhnlichen, mit Meta-Motiven gespickten Martial-Arts-Films empfunden und bewertet wird, liegt im Auge des Betrachters und in seinen Erwartungen an dieses Genre und seine klingenden Namen. Wünschen sich manche sicherlich mehr dramaturgische Präzision und Strenge sowie entsprechende Kampfszenen, freuen sich andere wiederum über die unübliche, humanisierende Relativierung der gewöhnlich stark stilisierten Symbole von Kampfkunst und Zen, die hier kräftig vom Sockel geschubst werden, ohne ihre Würde und Bedeutung einzubüßen. Dass die Überzeichnungen – auch dialogischer Art – manchmal zu ausführlich geraten, ist verzeihlich. Pfiffig ist dafür vor allem auch das Ende des Films gestaltet, das nicht nur letztlich die angestrengte Sinnsuche destillieren lässt, sondern auch die Befreiung davon heiter feiert.

Es ist der großartige David Carradine, der hier nicht nur den titelgebenden Meister verkörpert, sondern darüber hinaus in drei weiteren kleinen Rollen zu sehen ist, dessen charismatischer Charakter das Geschehen dominiert und der durch seine ungewohnt breit gefächerten Facetten bezaubert. Zunächst puristisch streng, lockert er im Verlauf der Geschichte gar bis hin zur entspannten Redseligkeit auf – eine Entwicklung, die Quentin Tarantino Jahre später mit Kill Bill: Vol. 1 und Kill Bill: Vol. 2 so markant wie erfolgreich fortsetzt.

Das Geheimnis des blinden Meisters

Dem bereits zu Lebzeiten zur Legende avancierten Kampfkünstler und Schauspieler Bruce Lee (1940-1973) ist dieses kuriose Martial-Arts-Drama aus dem Jahre 1978 gewidmet. Der Stoff der Geschichte „Das Geheimnis des blinden Meisters“, der ursprünglich den Arbeitstitel „The Silent Flute“ trug, wurde bereits lange Zeit vor dem frühen Tod von Bruce Lee und seinen Weggefährten James Coburn und Stirling Silliphant ersonnen, jedoch letztlich nicht realisiert.
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