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Lügen, Verschwörungen, Machtgelüste. Der Politthriller „Das Ende der Wahrheit“ hat einiges von dem zu bieten, das einem Angst macht, wenn man an die Machtverhältnisse internationaler Politik denkt. Die Angst und das Unangenehme im Zuschauer zu schüren, gelingt dem Film auf besondere Weise.

Das Ende der Wahrheit (2019)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Die Ruhe und der Sturm

Am Anfang des Films herrscht Stille über einem See irgendwo in Deutschland. Der Himmel ist wolkenverhangen, es schneit auf eine sanfte Art, die Landschaft ist in ein blaues Grau gehüllt. Martin (Ronald Zehrfeld) und Aurice (Antje Traue) genießen die Ruhe, sie krault durchs winterkalte Wasser, er macht Kaffee. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, das schwingt in den ersten Szenen des Films mit, und dann macht sich Martin auf in die Arbeit, in ein graues Bürogebäude – ein anderes Grau als dort am See.

Martin Behrens ist Experte für Zentralasien beim Bundesnachrichtendienst, mimt manchmal den Dolmetscher und kümmert sich hauptberuflich darum, an Informationen zu kommen, die alle geheim halten wollen. Er spricht Farsi und andere Sprachen der Region um (das fiktive) Zahiristan, um das es im Film geht. Aber sein größter Trumpf ist, dass sich keiner so gut in der Gegend ‚dort unten‘ auskennt wie er, und das ist gleichzeitig sein Verderben. Als Dolmetscher setzt Martin den Asylsuchenden Mansoud Behzad unter Druck und sorgt dafür, dass der BND vom Aufenthaltsort des Terroristen Jafar Al Bahadur erfährt. Die Informationen werden an die CIA weitergegeben, was zu einem US-Drohnenangriff führt, und binnen Stunden ist der Islamist ausgeschaltet. 

Auch Aurice mischt auf ihre Weise im Machtgezanke um Zahiristan mit. Die investigative Journalistin stellt auf der Konferenz von BND und Verfassungsschutz unangenehme Fragen und ist nah dran an einer Enthüllungsgeschichte, da wird sie Zielscheibe und Opfer eines Anschlags in einem Münchner Café, der laut eines Bekennervideos als Vergeltungsschlag für die deutsche Beteiligung an der Tötung von Al Bahadur zu gelten hat. Martin kommt zur Spurensicherung und muss schmerzlich erfahren, dass dies der Tatort des Mords an seiner Freundin war. Natürlich will er diesen aufklären, auch nachdem er aufgrund der nun ans Licht gekommenen Liebesbeziehung zu Aurice vom Dienst suspendiert worden ist. Aber nicht nur seine Vorgesetzte, Aline Schilling (Claudia Michelsen), rät ihm davon ab. Auch andere wichtige Personen des BND, Dr. Joachim Rauhweiler (Axel Prahl) oder Krisenmanager Patrick Lemke (Alexander Fehling), drohen ihm, die Finger von der Geschichte zu lassen.

Ist Martin zu Beginn der Geschehnisse noch überzeugt von seinem Tun und seinem Arbeitgeber, kommen ihm nun immer mehr Zweifel, als seine auf eigene Faust unternommenen Ermittlungen Verstrickungen von Vorgesetzten mit Großkonzernen und illegalem Waffenhandel zu Tage führen. Überzeugend spielt Ronald Zehrfeld diesen Mann, der erst vieles aufgibt für seinen Job, den Geburtstag seiner Tochter verpasst, seine Beziehungen im Verborgenen führt und hinnimmt, dass sie „Leute benutzen“, wie Aline einmal sagt. Je mehr er jedoch das Spiel durchschaut, das seine Vorgesetzten (auch mit ihm) spielen, desto enttäuschter, ja, schockierter ist er vom System, das einst sein Leben war und das er mitgestaltet hat. 

Ebenso gut und subtil ist das Spiel von Alexander Fehling, der ebenfalls von der einen zur anderen Seite wechseln wird, vom Karrieristen zum mitfühlenden Menschen. Der Bruch, der in diesen beiden Figuren vorgeht, ist in nur wenigen Blicken und ihrer Körperhaltung zu merken, die aber ebenso wirkungsvoll zu dieser unbehaglichen Stimmung des Films beitragen wie Licht, Farbgebung und Kameraführung. Diese Beklemmung aufrechtzuerhalten, gelingt Philipp Leinemann selbst in den schönen und eigentlich harmonischen Momenten seiner Geschichte. Auch wenn Martin mit Aurice im Bett liegt und sie lachen, ist dies nicht das unbeschwerte Scherzen zweier Verliebter. 

Das Ende der Wahrheit erzählt von der Machtverteilung auf der Welt, von der Einmischung westlicher Staaten in das Geschick von Ländern wie dem fiktiven Zahiristan, das eine Vielzahl realer Bezugsorte andeutet. Es geht dabei auch um den internationalen Terrorismus und die Interessen, die die verschiedenen Seiten verfolgen. Und um Lügen, Verstrickungen, heimliche Karrieren. Der Plot ist klug strukturiert, auch wenn ihm nicht immer leicht zu folgen ist. Das mag an der Komplexität internationaler Machtgeschäfte ebenso liegen wie an den Dialogen, die Politthriller meist mit sich bringen: Sie müssen einerseits so ausführlich sein, dass der Zuschauer folgen kann, andererseits so kurz, dass Spannung und Dramaturgie nicht gehemmt werden. Den Grundtonus von Das Ende der Wahrheit aber versteht ein jeder – und der ist nicht gerade beruhigend. Leinemann hat ausführlich recherchiert und bringt mit seinem Film einen relevanten Stoff auf die Leinwand, der es in sich hat und zum Nachdenken anregt.

Am Ende ist Martin wieder am See. Einige Zeit ist vergangen, es ist Sommer, See und Himmel haben ein angenehmes Blau angenommen. Der Sturm ist vorbei, Martin hat überlebt, doch ob wirklich Ruhe eingekehrt, bleibt ungewiss. Denn der Sturm scheint nie zu Ende zu sein. Es ist das Ende der Wahrheit, die Lügen gehen weiter.

Das Ende der Wahrheit (2019)

Martin Behrens, Zentralasien-Experte beim Bundesnachrichtendienst, ist sich sicher, durch seine Arbeit einen großen Beitrag zur Wahrung der nationalen Sicherheit zu leisten. Doch nach einem brutalen Anschlag auf ein Münchner Restaurant wachsen seine Zweifel an der Mission des BND. Als Behrens in einen immer tieferen Strudel aus Intrigen, Machtmissbrauch und Korruption gerät, begreift er, dass der Feind vor allem im Innern lauert…  

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Meinungen

Anne Wals · 21.12.2019

Ich fand den Film insgesamt nicht schlecht. Es hat mir aber nicht gefallen, dass Antje Traues Figur schon am Anfang der Geschichte getötet wird. Das ist verwirrend weil die Figur gar nicht entwickelt wird und weil so die eigentlich interessanteste Frauenrolle dem Film schon am Anfang verloren geht. Das hätte besser gemacht werden können.

M Tureau · 16.12.2019

Ein eigenartiger Film, an dem vieles nicht stimmt. Vor allem Geheimdienstler, die sich überhaupt nicht wie solche benehmen. Und Zehrfeld passt überhaupt nicht auf die Rolle, spielt auch nur mäßig. Fehling dagegen ist recht gut, wenn auch seine Figur total übertrieben ist. Ansonsten ist das alles etwas zu sehr Systemkritik an einem System, von dem die Drehbuchleute zu wissen glauben, wie es läuft, obwohl es doch geheim ist. Für meinen Geschmack zu klischeemäßig. Von den LeCarre-schen Spionagedramen leider weit entfernt, sowohl von der erzählerischen und auch filmischen Umsetzung, als auch leider zuweilen schauspielerisch.

Lapidus · 17.01.2019

Antje Traue spielt auch in dem Film mit...die hätte nach Man of Steel eine gute Karrie in Hollywood machen können. Stattdessen spielt sie in Deutschland in Filmen, die eher weniger das große Publikum anziehen. Das könnte man ja verstehen, wenn es ihr darum geht, Preise zu gewinnen und sie deshalb in Filmen spielt, die dafür schauspielerisch mehr hergeben. Aber von der Art sind die Filme in denen sie spielt eher nicht und sie wird noch nicht mal immer in Hauptrollen besetzt. In diesem Film auch nicht. Ihre Figur wird, wie man im Trailer sehen kann, ziemlich schnell durch Ermordung aus dem Spiel genommen. Hoffentlich ist das kein Vorzeichen dafür, dass ihre vielversprechende Karriere sich dem Ende neigt. Ich bin gespannt auf den Film, aber ich bin nicht sicher, ob der nicht wie so oft die üblichen Klischees bedient.

Ground Home · 24.01.2019

Ja, Antje Traue. Hätte was werden können mit Hollywood. Aber sie spielt in so Filmen wie Spielmacher, Kundschafter des Friedens und so. Bringt kaum jemand ins Kino und die Kritiker findens auch nicht gut. In Dark nur in einer Nebenrolle. Scheint, dass sie am liebsten mit Kumpels von früher dreht. Eigenartig, so die Rollen auszusuchen. Hoffentlich wird dieser Film was. Was ich aber an dem Trailer so seltsam finde ist, dass er schon verrät, dass die Figur von Antje Traue getötet wird. Das ist ja geradezu ein Megaspoiler im Trailer. Was das eigentlich soll? Vielleicht gab es keine spannendere Szene im Film? Aber dann wird der Ausgang im Trailer verraten? Kann ich nicht verstehen.

Lampenwolf · 24.02.2019

In "Es war einmal in Deutschland" hatte Antje Traue eine gute Rolle. Da ist sie mir erstmals aufgefallen. Hätte mehr verdient.

J... · 12.05.2019

"I hope that's not an indication that their promising career is coming to an end"

Not likely, she has the lead role in a recent series called Dead End and I am fairly sure it will get a second season.

ponski · 19.12.2019

Just to reply...critical reactions to Dead End have been mostly negative to mixed. Some critics have called it a disaster. While acting was rated good, the story and directing have been heavily criticized. Quite sure there won't be a second season.

Martin Dellmann · 04.12.2018

Nach dem, was über die Handlung zu lesen war, und was der ziemlich schwache Trailer verrät, gibt es schon viele ähnliche Filme, die nicht funktioniert haben. Die Besetzung überzeugt mich auch nicht. Kenne nur Axel Prahl von Tatort. Wer ist Leinemann? Wer ist Zehrfeld? Wieder einer dieser zahllosen unbekannten deutschen Schauspieler, die mit leidend gequältem Gesicht im Film rumlaufen, weil sie denken, dann wirken sie wie Tom Hanks? Scheint der wie üblich nicht funktionierende Versuch zu sein, in einer deutschen Produktion was verschwörungstheoretisches zu verfilmen, mit dem vorhersehbaren Ergebnis: Uninteressant, nicht glaubwürdig und langweilig. Verschwindet vermutlich aus den Kinos bevor es anläuft, wird nicht mal auf dvd gepresst und dann müssen die öffentlichrechtlichen Anstalten es noch einmal senden, damit die Produktion von den Steuergeldern, d.h. den zwangsbeigetriebenen Gebühren bezahlt wird. Es scheint zuviel mit der Giesskanne verteiltes Geld für deutsche Filmproduktionen zu geben.

Claudia W. · 14.01.2019

@Herr Dellmann, haben Sie den Film bereits gesehen? ..da Sie sich ein derartiges Urteil erlauben.
Mir scheint es eher, dass Sie sich grundsätzlich weniger für deutsche Filme/Produktionen und ebenso deutsche Schauspieler interessieren. Wenn Sie schon allein R. Zehrfeld nicht kennen, liegt das nahe.
Ich freue mich auf diesen Film und werde ihn mir natürlich zu gegebener Zeit anschauen. Denn ich schätze den deutschen Film sehr.
Wenn Sie diesem eher abgeneigt sind (laut Ihrer Wortwahl), sollten Sie sich wohl eher mit einem Kommentar diesbezüglich zurückhalten.

Günter Sendling · 15.01.2019

Herr Dellmann kann doch seine Meinung äußern, auch wenn sie nicht jedem gefällt, oder? Und wirklich bekannt ist Ronald Zehrfeld im Vergleich mit vielen anderen deutschen Schauspielern (da muss man gar nicht mal jemanden wie Til Schweiger heranziehen) wahrlich nicht. Nicht einmal im Vergleich mit den anderen SchauspielerInnen, die in dem Film mitspielen (Fehling, Michelsen, Prahl, Traue). Ich würde wagen zu behaupten, die sind alle bekannter. Es scheint auch so, als hätte sich bisher noch keine größere Filmverleihfirma gefunden, um den Film in die Kinos zu bringen. Jedenfalls habe ich im Zusammenhang mit diesem Film noch nichts darüber gehört, ob und wann der in den Kinos anlaufen soll. Das ist ja bei vielen Filmen, die gerade fertiggestellt sind, anders. Das sagt nichts über die Qualität des Films, aber vielleicht darüber, dass dem Film keine großen Marktchancen zugeschrieben werden. Möglicherweise hat Herr Dellmann darauf Bezug nehmen wollen.