Dancing in Jaffa

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Tanzen formt nicht nur den Charakter...

Da ist er wieder — Pierre Dulaine, der charismatische Tanzlehrer, der schon in der Ballroom-Schmonzette Dance! kleine Kinder aus unterprivilegierten Familien zum Tanzen miteinander gebracht hat. Und wie dieser Film und diverse andere, die ihm inhaltlich folgten, gezeigt haben — Tanzen formt nicht nur den Charakter, sondern auch das Selbstbewusstsein.
Was bisher nicht klar war, ist, dass Dulaine trotz des französisch anmutenden Namens eigentlich ein Palästinenser ist, der, man wird es schon ahnen, in Jaffa geboren wurde. Und hier schließt sich nicht nur der Kreis, sondern erklärt sich auch der Titel des Filmes — Pierre geht nach Jaffa, um dort seine berühmten Tanzkurse für Kinder zu geben. Der Clou an der Sache: Er will versuchen, durch Rumba, Merengue und Tango palästinensische Israelis und jüdische Israelis miteinander zu verbinden. Dass er dabei erstmal auf viel Widerstand und Misstrauen stößt, ist klar. Weder wollen die jüdischen Kinder die arabischen auch nur berühren, noch können sich die muslimischen Kinder erlauben dem andern Geschlecht so nahe zu kommen.

Dancing in Jaffa ist ganz genau wie alle anderen Dokumentationen ihrer Art: Es passiert nicht mehr und nicht weniger, als dass die Kinder tanzen lernen, einzelne von ihnen portraitiert werden und man ihre Entwicklung mitverfolgen kann. Hier kommen jedoch noch eine religiöse und eine politische Ebene hinzu, denn obwohl Dulaine die ganze Zeit versichert, er befinde sich außerhalb dieser Kategorien, so ist er doch mittendrin. Denn Dulaine ist ja nicht außerhalb dieser geteilten Welt. Sein Augenmerk liegt vor allem bei den palästinensischen Kindern und schon die Grundidee der Vereinigung beider Seiten auf der Tanzfläche ist eine politische Aussage. Dass hier die Kinder in gewisser Weise auch für seine Ziele instrumentalisiert werden, hinterlässt einen kleinen Nachgeschmack, der aber sofort in der Süßlichkeit der Ereignisse verschwindet. Oder eben gekonnt herausgeschnitten wurde. Doch wie auch immer man das Ganze sehen will, der ewartetete Erfolg bleibt jedenfalls nicht aus. Ein Kind, das man fördert und dem man Respekt zollt, das wird zu einem ausgeglichenen und selbstbewussten Menschen. Und dabei schaut man doch gern zu, selbst in der fünften Wiederholung.

Bleibt nur die Frage, die keiner stellen will. Wieso in Gottes Namen muss erst ein Tanzlehrer daher kommen und warum müssen Kurse auf der ganzen Welt errichtet werden, dass Kinder einmal lernen was sie alles draufhaben, wie man sich mit Respekt und Würde verhält und dass all dies ihnen auch zusteht? Und wo sind die Nachfolgedokumentationen über die Kinder der ersten Stunde und deren weiteren Lebensweg — denn die Frage bleibt vor allem in Dancing in Jaffa: was geschieht, wenn Dulaine wieder abreist? Wenn der Kurs vorbei ist und es darum geht, die neu erlernten Erkenntnisse in der richtigen Welt anzuwenden? Aber das ist wahrscheinlich nicht so niedlich und herzerwärmend. Warten wir also ab, wo Dulaine demnächst wieder auftaucht und wie man dieses Format noch weiter und weiter drehen kann. Bis dahin kann man ja noch auf die Dokus zurückgreifen, in denen alte Menschen gemeinsam im Chor Nirvanasongs singen.

Dancing in Jaffa

Da ist er wieder — Pierre Dulaine, der charismatische Tanzlehrer, der schon in der Ballroom-Schmonzette „Dance!“ kleine Kinder aus unterprivilegierten Familien zum Tanzen miteinander gebracht hat. Und wie dieser Film und diverse andere, die ihm inhaltlich folgten, gezeigt haben — Tanzen formt nicht nur den Charakter, sondern auch das Selbstbewusstsein.
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