Cypher (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Stefan Dabrock

Zwischen den Mühlsteinen der Konzerne

In seinem Regiedebüt Cube bewies der kanadische Regisseur Vincenzo Natali ein gutes Gespür für visuelle Dramatik, um den begrenzten Handlungsort spannend in Szene zu setzen. Dem Hang zur effektiven Bildgestaltung blieb Natali auch bei seinem zweiten Spielfilm Cypher treu, indem er eine bedrückend kühle Zukunftsvision entwarf.
Morgan Sullivan (Jeremy Northam) ist ein durchschnittlicher Jedermann, bis er das Angebot erhält, für den Großkonzern Digicorp Technology als Industriespion zu arbeiten. Er soll Sunways Systems näher auf den Zahn fühlen, Digicorps großem Konkurrenten auf dem Weltmarkt der mächtigen Konzerne. Als monolithische Unternehmen beherrschen beide Firmen die aktuelle Gesellschaft, in der es keine nennenswerten anderen Kräfte zur Gestaltung der Lebenswirklichkeit mehr zu geben scheint. Sullivan besucht unter dem Namen Jack Thursby die unterschiedlichsten Messen, bei denen er Aufnahmen zur Übermittlung an seinen Auftraggeber macht. Während einer solchen Veranstaltung lernt er die geheimnisvolle Rita Foster (Lucy Liu) kennen, welche ihn vor Digicorp warnt. Als schließlich noch Gehirnwäsche ins Spiel kommt, weiß Sullivan nicht mehr genau, wer er wirklich ist und was sich in der Realität tatsächlich abspielt. Rita scheint aber eine zentrale Rolle im komplizierten Geflecht aus Wahrnehmungen und Bedrohungen zu spielen und so versucht Sullivan über sie der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Vincenzo Natali legt immer neue Teile eines gigantischen Puzzlespiels auf den Tisch, dessen widerstreitende Informationen ganz im Dienste der anvisierten Irritation stehen. So zieht er nicht nur Sullivan, sondern auch dem Zuschauer den Boden unter den Füßen weg, der unversehens in eine spannende Atmosphäre zunehmender Unsicherheit hineingezogen wird. Nacheinander entfalten sich zahlreiche Ebenen mit verschiedenen Realitätsmöglichkeiten, in denen die moralische Integrität der Hauptfigur schwankt. Sullivan muss sich auf seinen Instinkt verlassen, um in der völlig verwirrenden Welt nicht unterzugehen. Natalis Spiel mit Identität, Moral und Macht entwickelt eine erschreckende Kraft, weil er dadurch die Verlässlichkeit der menschlichen Wahrnehmung relativiert. So fordert er den Zuschauer indirekt auf, immer wieder über die eigene Rolle zu reflektieren, um nicht unter die Räder fremder Kräfte zu geraten.

Der spannende Lauf Sullivans durch die Machtwirkungskreise der beiden Konzerngiganten Digicorp und Sunways steht ganz im Kontext der düsteren Zukunftswelt, in der die Globalisierung zu einem System der Austauschbarkeit geführt hat. Kein Ort stiftet noch eine individuelle Identität. Die Umwelt ist in gleicher Weise beliebig, wie die Persönlichkeit der Menschen. Am Ende setzt Natali dieser kaltherzigen Entwicklung, die sich auch im kühlen Design des Films widerspiegelt, ein anderes Konzept entgegen, das in seiner puren Reinheit den Zuschauer in eine hoffnungsvoll-unschuldige Utopie entlässt.

Dank einer guten Vorlage ohne Verschmutzungen sieht das Bild der Bluray sehr gut aus. Die Schärfe überzeugt und die metallisch-kühle Optik der Zukunftswelt wurde gut auf die Bluray übertragen. Der Ton wirkt zwar nicht so räumlich wie bei krachenden Actionfilmen, aber im Rahmen der Möglichkeiten wurde alles herausgeholt. Die Dialoge lassen sich gut verstehen.

Beim Bonusmaterial hat man in die Vollen gegriffen und die Veröffentlichung mit qualitativ hochwertigen Beiträgen aufgewertet. Das gilt sowohl für den hörenswerten Audiokommentar mit Vincenzo Natali (Regie), Brian King (Drehbuch), Jasna Stefanovich (Productiondesign) und Brian Hewlett (Darsteller) als auch die zahlreichen Interviews mit Cast und Crew. Spannende Diskussionen über die thematische Ausrichtung des Films und dessen Spiel mit Identität und Realität bereichern als Ergänzung den ohnehin schon gelungenen Film. Deleted Scenes mit Audiokommentar Natalis und weiteres Bonusmaterial sorgen dafür, dass einem auch nach der Ansicht von Cypher nicht langweilig wird.

Cypher (Blu-ray)

In seinem Regiedebüt „Cube“ bewies der kanadische Regisseur Vincenzo Natali ein gutes Gespür für visuelle Dramatik, um den begrenzten Handlungsort spannend in Szene zu setzen. Dem Hang zur effektiven Bildgestaltung blieb Natali auch bei seinem zweiten Spielfilm „Cypher“ treu, indem er eine bedrückend kühle Zukunftsvision entwarf.
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