Corroboree

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Szenen vom Leben und Sterben

Dass der australische Regisseur Ben Hackworth mit Corroboree (benannt nach einem Tanzritual der australischen Aborigines) vor allem die ganz große Kinokunst im Auge hatte, die sich wenig um Regeln schert, daran lässt er von Beginn an keinen Zweifel. Als der junge Conor (Conor O’Hanlan) auf dem Busbahnhof ankommt, verlässt er den Rahmen der statischen Kameraeinstellung und kehrt anschließend wieder darin zurück. Es ist der Auftakt für eine eigentlich recht interessanten Geschichte, die aber unter ihrer extrem künstlichen Inszenierungsweise, ihre kryptischen Undurchdringlichkeit und ihrer intellektuellen Überfrachtung sichtlich leidet.
Der Film erzählt von dem an AIDS erkrankten Regisseur Joe (Ian Scott), der sich auf ein labyrinthisches Anwesen irgendwo auf dem Land zurückgezogen hat. Dort soll nun der junge Schauspieler Conor gemeinsam mit einigen Schauspielerinnen, die allesamt eine niemals näher erklärte Rolle in Joes Leben spielten, Szenen und Erlebnisse aus dem Leben des Todkranken nachstellen. Wie das Real-Life-Theaterstück ablaufen soll, darüber hat Joe dezidierte Anweisungen erarbeitet, die Conor umsetzen soll: Zu verschiedenen Zeiten, so wird ihm beschieden, soll er unterschiedliche Räume aufsuchen, in denen er jeweils von einer der Schauspielerinnen in Empfang genommen wird, die jeweils eine zentrale weibliche Person aus Joes leben verkörpern. Und so kann dann das improvisatorische Spiel über das Leben eines sterbenden Mannes beginnen. Klar, dass Conor mit diesen Regiewünschen seine liebe Not hat, der Plot des Stückes, das hier gegeben wird, erweist sich als ebenso undurchdringlich und mysteriös wie die Architektur des Anwesens. Conor beginnt sich mehr und mehr in dem Dickicht zu verirren.

Liebe und Lust, Krankheit und Tod, Beziehungen und Abhängigkeiten – um diese Themenkomplexe kreist in einer doppelten Figur sowohl der Inhalt von Corroboree wie auch der Film selbst. Leider findet neben Conor auch der Zuschauer kaum ein Durchkommen durch den Wust an ach so Tiefsinnigem und ästhetisch Überhöhtem, was zum Teil auch an einem selten nur überzeugenden Hauptdarsteller liegt, der sich sichtlich mit der distanzierten Beobachtungshaltung der ersten Hälfte des Filmes schwer tut. Und so sinnt man zu Beginn des Films vor allem darüber nach, ob das holprige Spiel der Akteure schon Teil eines künstlerischen Konzepts ist oder vor allem dem Unvermögen der Beteiligten geschuldet ist. Eine Frage, auf die es auch später keine eindeutige Antwort gibt.

Es ginge, so gibt Hackworth zu Protokoll, in seinem Film um die „Verbindung zwischen Sexualität und Tod bei männlichen Homosexuellen (und in gewisser Weise bei allen Menschen).“ Zugleich – und das ist eine weitere von vielen Ebenen, die Corroboree anreißt – geht es auch irgendwie ums Filmemachen selbst, denn immer wieder agieren die Schauspieler im Film, die Schauspieler eines anderen Mediums spielen, so, als würden sie unter allen Umständen versuchen, den Film, der durch sie entsteht, zu beeinflussen und zu manipulieren. Um aber diese und andere Botschaften nur ja nicht allzu verständlich werden zu lassen, bemüht sich der Film (mit Erfolg), seine (mutmaßlichen) Thesen derart verklausuliert zu präsentieren, dass man am Ende noch weniger weiß wie zu Beginn des Films.

Wer verschachtelte und knifflige filmische Rätsel mag, der könnte an Ben Hackworths Regiedebüt zumindest anfangs Gefallen finden – die Enttäuschung über einen Film, der sich nach Kräften mühten, niemals entschlüsselbar zu sein, stellt sich mit der Zeit ganz von alleine ein.

Corroboree

Dass der australische Regisseur Ben Hackworth mit Corroboree (benannt nach einem Tanzritual der australischen Aborigines) vor allem die ganz große Kinokunst im Auge hatte, die sich wenig um Regeln schert, daran lässt er von Beginn an keinen Zweifel.
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