Conjuring 2 (2016)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Fortsetzung mit Stil

Über 319 Millionen Dollar spülte der Spukhausthriller Conjuring – Die Heimsuchung 2013 weltweit in die Kinokassen und schob sich damit in die Spitzengruppe der umsatzstärksten Horrorfilme aller Zeiten. Kein Wunder, dass sich die Macher rund um den Genre-Experten James Wan (Saw, Insidious) bei diesem Ergebnis eilig bemühten, einen zweiten Teil nachzuschieben, der sich abermals an den Fallakten der real existierenden Dämonologen Ed und Lorraine Warren orientiert. Da die Erfahrung zeigt, dass gerade Horror-Sequels häufig erschreckend uninspiriert geraten, war auch hier einige Skepsis geboten. Glücklicherweise demonstriert Wan aber einmal mehr, dass er klassischen Grusel kompetent inszenieren kann und – wie schon im Ursprungswerk – gewillt ist, seine Figuren ernst zu nehmen. Sieht man von einigen Drehbuchschwächen im letzten Drittel ab, bietet Conjuring 2 mehr als solide Genre-Unterhaltung.

In einem Prolog, der die Geschichte des berühmten Amityville-Spuks aufgreift, erfahren wir, dass die seherisch begabte Lorraine Warren (Vera Farmiga) von einem Dämon in Nonnengestalt verfolgt wird. Die unheimlichen Visionen deutet die Spezialistin für Paranormales als Warnung, dass sie und ihr Ehemann Ed (Patrick Wilson) die Geisterjagd für einige Zeit unterbrechen sollten. Unterdessen setzt mehrere tausend Kilometer weiter östlich im Norden Londons die alleinerziehende und mittellose Peggy Hodgson (Frances O’Connor) alles daran, gemeinsam mit ihren vier Kindern halbwegs über die Runden zu kommen. Ausgerechnet in ihrer ohnehin schon angespannten Lage wird die Familie plötzlich von unerklärlichen Geschehnissen heimgesucht, die sich besonders auf die elfjährige Janet (Madison Wolfe) konzentrieren. Als allem Anschein nach ein ruheloser Geist durch das Mädchen mit der Umwelt kommuniziert und der Fall mediales Interesse weckt, bittet die Kirche Ed und Lorraine um Hilfe. Mit einigen Zweifeln im Gepäck brechen die paranormalen Ermittler in Richtung London auf.

Schon Teil eins war mit 112 Minuten Laufzeit für Horrorfilmverhältnisse recht ausführlich. Mit Conjuring 2 setzt Wan nun noch einen drauf und nimmt sein Publikum geschlagene 134 Minuten gefangen. Zustande kommt diese Länge vor allem deshalb, weil die erste Stunde wie eine ausgedehnte Exposition angelegt ist. Während wir ab und an in den Alltag der Warrens blicken und Lorraines Verunsicherung hautnah miterleben können, schildert ein zweiter, umfangreicherer Strang das Leiden der Hodgsons, die einzig von ihren Nachbarn (Maria Doyle Kennedy und Simon Delaney) und dem Amateur-Geisterforscher Maurice Grosse (Simon McBurney) Hilfe erhalten. Wan und seine Koautoren Carey Hayes, Chad Hayes und David Leslie Johnson nehmen sich Zeit, um die bedrückende Familiensituation greifbar zu machen, und unterstreichen, dass der Weggang des Vaters einerseits schmerzend ist, Peggy und ihre Kinder andererseits aber auch enorm zusammengeschweißt hat.

Wie im Vorgänger sind es in erster Linie klassische, zumeist wirkungsvoll eingesetzte Genre-Stilmittel, die die Anwesenheit einer dämonischen Präsenz betonen: Türen schlagen plötzlich auf. Spielzeuge bewegen sich von ganz allein. Und mehrfach übernimmt der Hausgeist die Kontrolle über die arme Janet, deren wachsende Panik Jungdarstellerin Madison Wolfe eindringlich vermitteln kann. Schockmomente werden genrekonform von aufrüttelnden Toneffekten begleitet, wobei gelegentlich ein etwas subtileres Vorgehen nicht geschadet hätte. Da Wan seine Protagonisten, anders als viele Regiekollegen, im losbrechenden Chaos nicht aus den Augen verliert, bleibt das Interesse des Zuschauers erhalten. Beispielhaft für die Ausdruckskraft der ruhigen, figurenzentrierten Augenblicke ist eine schöne Szene im Mittelteil, in der Ed Warren den Elvis-Presley-Song Can’t Help Falling in Love als Mutmacher für die Hodgsons und zugleich als Liebeserklärung an seine Ehefrau anstimmt. Ähnlich ergreifend fällt auch ein Vieraugengespräch zwischen Lorraine und der sichtlich verstörten Janet aus, das auf sensible Weise das plötzliche Ausgegrenztsein der Elfjährigen thematisiert. Ein feinfühliger Moment, der für einen Spukhausfilm keineswegs selbstverständlich ist.

Dass Conjuring 2 viele andere Horror-Fortsetzungen hinter sich lassen kann, liegt nicht zuletzt an einer überaus einnehmenden Optik. Wie schon der erste Teil überzeugt der braunstichig gehaltene Film mit einem authentischen, liebevoll gestalteten Zeitkolorit. Als Zuschauer fühlt man sich glaubhaft in die 1970er Jahre zurückversetzt, ohne dass der dekorative Aufwand allzu penetrant erscheinen würde. Eine besondere Erwähnung verdient die Bildgestaltung von Don Burgess, dessen agile Kamera immer wieder wie ein Geist durch die Szenerien schwebt. Geschmälert wird das Gesamtbild durch einen etwas schlampig ausgearbeiteten Schlussteil, der die Frage, ob die Geschehnisse im Haus der Hodgsons inszeniert sind, etwas ausführlicher hätte beleuchten können. Die eigentlich interessante Figur der skeptischen Parapsychologin Anita Gregory (Franka Potente) kommt leider nicht über die Rolle einer Stichwortgeberin hinaus, während die aufkeimenden Zweifel der Warrens ein wenig bemüht erscheinen. Auch wenn das Drehbuch im effektgeladenen Showdown geschickt lose Handlungsfäden verbindet, findet die finale Konfrontation ein erstaunlich abruptes Ende. Gleichwohl ändern die erzählerischen Ungenauigkeiten nichts daran, dass man das Kino mit einem eher positiven Eindruck verlässt. Wären alle Sequels im Horrorfilmbereich ähnlich gewissenhaft entworfen wie Conjuring 2, hätten sie sicherlich einen besseren Ruf.
 

Conjuring 2 (2016)

Über 319 Millionen Dollar spülte der Spukhausthriller „Conjuring – Die Heimsuchung“ 2013 weltweit in die Kinokassen und schob sich damit in die Spitzengruppe der umsatzstärksten Horrorfilme aller Zeiten. Kein Wunder, dass sich die Macher rund um den Genre-Experten James Wan (Saw, Insidious) bei diesem Ergebnis eilig bemühten, einen zweiten Teil nachzuschieben, der sich abermals an den Fallakten der real existierenden Dämonologen Ed und Lorraine Warren orientiert.

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