Congo River

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Reise ins Herz der Finsternis

Thierry Michel ist ohne Zweifel der engagierte Reporter unter den Dokumentarfilmern. Immer wieder zieht es ihn nach Asien, Lateinamerika und vor allem nach Afrika. Und dort ist es nun zum vierten Mal der Kongo, dem er einen Film widmet, wenngleich Congo River – so der Titel des neuesten Werks – nicht so explizit politisch ist, wie zuvor seine Dokumentation Mobutu, Roi du Zaïre (1999) über die Schreckensherrschaft des langjährigen Diktators der Demokratischen Republik Kongo, die früher den Namen Zaïre trug.
Seit jeher hat der Kongo – der zweitlängste und wasserreichste Strom Afrikas – die Phantasie und die kolonialen Gelüste europäischer Forscher und rassistischer Eroberer angeheizt und zu Erkundungsreisen ins „Herz der Finsternis“ angeregt. Kein Wunder also, dass Michel in seinem Film mehrmals konkret Bezug auf Joseph Conrads berühmte Erzählung nimmt, schließlich wusste schon Conrad um die reichhaltigen Konnotationen, die aus dem Fluss eine der Kraftquellen des „schwarzen Kontinents“ machen. Der Kongo, das ist mehr als ein Fluss, er ist das Herzstück Afrikas, die pulsierende Lebensader, ohne die Afrika als geistiges Konstrukt nicht denkbar wäre.

All diesen Klischees ist auch Thierry Michel auf der Spur, doch er ist es auf ganz unspektakuläre Weise – weniger ein Eroberer, sondern eher ein Flaneur auf dem Wasser beobachtet Michel, ohne zu kommentieren. Eher beiläufig zeigt er die Spuren des Bürgerkrieges, das Leiden der Bevölkerung entlang des Flusses, lässt sie für sich selbst sprechen statt über sie zu reden, gibt ihnen Raum. Vergangenheit, Gegenwart und die Hoffnungen der Zukunft fließen hier auf unaufdringliche Weise zusammen und ergeben ein Mosaik aus großer Politik und den kleinen, alltäglichen Problemen des Lebens. So relativiert sich das Bild des Zuschauers, gespeist aus unzähligen Filmen, Büchern und dem reinen Hörensagen, beinahe wie von selbst und weicht der Wirklichkeit. Diese zeigt sich unter anderem darin, dass der Kongo in Teilen seines Verlaufs vor allem deshalb von zentraler Bedeutung ist, weil alle anderen Verkehrsmittel durch Kriege und andere Katastrophen – ob durch die Natur und von Menschenhand – zerstört wurden. Der Fluss aber, das wissen die Menschen, die in teilweise abenteuerlichen Booten den Kongo befahren, ist eine verlässliche Konstante. Eine Beständigkeit, die in jenem Teil Afrikas hoffentlich bald einkehren wird.

Congo River ist ein bedächtiger, aber niemals langweiliger Dokumentarfilm, der es versteht, ein in jeder Minute glaubwürdiges Bild zentralafrikanischer Realitäten abzuliefern.

Congo River

Thierry Michel ist ohne Zweifel der engagierte Reporter unter den Dokumentarfilmern. Immer wieder zieht es ihn nach Asien, Lateinamerika und vor allem nach Afrika.
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Meinungen

· 05.09.2007

sehr eindrücklicher, realer Film.

toubab · 25.01.2007

Inhaltlich und visuell beeindruckend, ein hervorragender Film!