Cocktail für eine Leiche

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Hitchcocks Echtzeit-One-Shot-Experiment

Als der ungefällige, geniale Kultregisseur Alfred Hitchcock 1948 seinen ersten Film in Farbe nach dem Theaterstück Rope von Patrick Hamilton inszeniert hat, entstand daraus ein gleichermaßen komplexes wie kompaktes Werk, das sich in einem Raum abspielt, Echtzeit suggeriert und mit ganz wenigen Schnitten auskommt. Cocktail für eine Leiche bildete den Beginn der ein Jahrzehnt weilenden, fruchtbaren Zusammenarbeit von Alfred Hitchcock mit dem charismatischen James Stewart, der auch die Hauptrolle in den Thrillern Das Fenster zum Hof / Rear Window (1954), Der Mann, der zuviel wusste / The Man Who Knew Too Much (1956) und Vertigo – Aus dem Reich der Toten (1958) übernahm.
Da veranstalten zwei größenwahnsinnige Studenten, Phillip (Farley Granger) und Brandon (John Dall), eine nette kleine Party, zu der sie ein paar Leute aus dem Umfeld ihres Kommilitonen David (Dick Hogan) eingeladen haben, wie seinen Vater Mr. Kentley (Cedric Hardwicke), seine Verlobte Janet (Joan Chandler), seinen Kumpel Kenneth (Douglas Dick) sowie den scharfsinnigen Philosophieprofessor Rupert Cadell (James Stewart), dessen Ausführungen über Friedrich Nietzsches „Übermenschen“ sie offensichtlich nachhaltig beeindruckt haben. Dass David, der ebenfalls erwartet wird, nicht eintrifft, hat einen guten Grund: Mit einem Strick das Leben abgebunden haben die beiden ihm, aus schlichter Überheblichkeit.

Zu einem zynischen, dichten Kammerspiel ist Cocktail für eine Leiche geraten, der das Thema eines Mordes als „künstlerisches Projekt“ aus reiner Willkür als makabren Suspense-Thriller präsentiert. Auch wenn die Handlung und der Aufenthaltsort des toten Davids hinreichend bekannt sind, vermag es dieser Klassiker dennoch in angemessenen Abständen der Sichtung stets aufs Neue, die Aufmerksamkeit des Zuschauers durch seine geschickte Darstellung der heftigen Geschichte, seine atmosphärisch anregenden Dialoge und seinen hintergründigen Humor durchweg zu fesseln, nicht ohne durchaus auch aktuelle Interpretationen zuzulassen: Ein Film, mit dem man alt werden kann, ohne ihn leid zu werden.

Cocktail für eine Leiche

Als der ungefällige, geniale Kultregisseur Alfred Hitchcock 1948 seinen ersten Film in Farbe nach dem Theaterstück „Rope“ von Patrick Hamilton inszeniert hat, entstand daraus ein gleichermaßen komplexes wie kompaktes Werk, das sich in einem Raum abspielt, Echtzeit suggeriert und mit ganz wenigen Schnitten auskommt.
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