Charlie Chaplin – Moderne Zeiten

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine sozialkritische Satire und Liebesgeschichte

Auch wenn gegen Ende der 1920er Jahre die Ära des Stummfilms allmählich auslief, hat der legendäre Filmschaffende und Schauspieler Charlie Chaplin (1889-1977) trotz der Möglichkeiten dieser filmischen Revolution zunächst auch weiterhin auf den Einsatz von stimmlicher Rede in seinen Filmen verzichtet. Erst mit Der große Diktator / The Great Dictator von 1940 inszeniert der kuriose Komiker seinen ersten Tonfilm, während Moderne Zeiten aus dem Jahre 1936 wie eine geradezu trotzige, satirisch ausgeprägte Verweigerung der dramaturgischen Verbalität anmutet. Auch wenn hier innerhalb einer Gesangseinlage die Stimme Charlie Chaplins zu hören ist, lässt der Regisseur seine selbst gespielte Figur des berühmten Tramps im Verlauf dieser Darbietung rasch in improvisierte Lautmalereien abgleiten. Auf diese Weise gerät der Text zu einer Karikatur der Sprachlichkeit und Moderne Zeiten zu einem letzten großen Stummfilm jener Tage, der einen so humoristischen wie würdigen Abgesang auf die Vorherrschaft pantomischer Schauspielerei darstellt.
Als Arbeiter in einer Stahlfabrik fällt es dem Tramp Charlie (Charlie Chaplin) nicht leicht, sich am Fließband dem drängender Rhythmus der automatisierten Prozesse anzupassen, zumal dem ehrgeizigen Direktor des Unternehmens (Allan Garcia), der selbst auf der Toilette eine Beobachtungskamera installiert hat, schlichtweg jedes noch so zügige Tempo zu langsam ist. Von der Eintönigkeit seiner simplen, immer gleichen Tätigkeit sowie der enormen Geschwindigkeit überfordert beginnt der Tramp, allmählich durchzudrehen und nicht nur die Fabrik kräftig aufzumischen, sondern auch eine entsetzte Passantin mit seiner Schraubenzange zu attackieren. Das ist der Anfang des Abstiegs in Arbeitslosigkeit und Gefängnis, denn Charlie zieht mit seiner wohlmeinenden, unbeholfenen Art nur allzu häufig das Unglück an. Als er jedoch die Bekanntschaft einer gewieften jungen Frau (Paulette Goddard) macht, die auf ihre Weise Nahrung für ihre verarmte Familie „organisiert“ und hilflos zuschauen muss, als ihre kleinen Geschwister nach der Erschießung des Vaters während politischer Unruhen ins Waisenhaus gebracht werden, hält das Liebesglück Einzug in sein bislang einsames Dasein …

Angefangen vom geradezu zeitlosen, vielschichtigen Titel über die sorgfältig inszenierte Geschichte mit ihren tragischen wie komischen Dimensionen, die akrobatische Pantomime bis hin zu den sozialkritischen Implikationen stellt Moderne Zeiten einen grandios gelungenen Film dar, der als später Stummfilmklassiker auch heute noch gewaltiges Vergnügen bereitet. Gleichzeitig findet hier ein Abschied von der Figur des tapferen, unverwüstlichen und rührend einsamen Tramps statt, der in einem offenen Finale – wie bereits in einigen Filmen Charlie Chaplins zuvor – seinem Publikum den Rücken kehrt. Doch dieses Mal startet er nicht allein in eine ungewisse, wenngleich auch hoffnungsvoll erscheinende Zukunft, sondern mit einer zugeneigten Frau an seiner Seite, die sich ebenfalls durch eine unermüdlich kämpferische Natur auszeichnet. Charlie Chaplin und Paulette Goddard, die hier auf ganz zauberhafte Weise gemeinsam agieren, waren auch privat zehn Jahre lang ein Paar. Es sind zuvorderst die eindrucksvollen, symbolträchtigen Schwarzweißbilder sowie die präzisen wie lebhaften Bewegungen dieses Zusammenspiels, die Moderne Zeiten auch auf der künstlerischen Ebene zu einem ganz hervorragenden Meisterwerk werden lassen.

Charlie Chaplin – Moderne Zeiten

Auch wenn gegen Ende der 1920er Jahre die Ära des Stummfilms allmählich auslief, hat der legendäre Filmschaffende und Schauspieler Charlie Chaplin (1889-1977) trotz der Möglichkeiten dieser filmischen Revolution zunächst auch weiterhin auf den Einsatz von stimmlicher Rede in seinen Filmen verzichtet.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen