Chanson der Liebe (2007)

Eine Filmkritik von cs

Und immer wieder ... Liebeslieder

Dass in französischen Filmen gerne mal ein Ständchen geschmettert wird, ist nun wahrlich nichts Neues. Seit der Einführung des Tonfilms wurden Spielfilme immer mal wieder durch den Einsatz von Schlagern, Operettenmelodien und Chansons aufgefrischt. Und selbst die Filmemacher der Nouvelle Vague – sonst eher auf Abgrenzung gegenüber dem biederen Kino bedacht — konnten sich dem Reiz des Chansons nicht entziehen, wie Jacques Demys Die Regenschirme von Cherbourg / Les parapluies de Cherbourg (Frankreich 1964) und Lola (Frankreich 1960) beweisen. Auch in späteren Jahren besannen sich immer wieder Regisseure auf den Reiz und die besondere Bedeutung, die die Chansons für die kulturelle Identität des Landes haben; in Deutschland jedenfalls wäre es undenkbar, dass bei Familienfesten Alt und Jung permanent miteinander singen. Singen als Lebensgefühl, das ist eben typisch französisch. Und das sieht man immer wieder auch in den Filmen. Am nachdrücklichsten dürfte Alain Resnais’ Film Das Leben ist ein Chanson / On connaît la chanson (Frankreich 1997) in Erinnerung geblieben sein.

Christophe Honorés neuer Film Chanson der Liebe / Les Chansons d’amour begibt sich ebenfalls in diese Tradition. Auch hier spielen die (von Alex Beaupain eigens für den Film komponierten) Chansons eine wichtige Rolle. Sie sind mehr als nur musikalische Untermalung, sondern dienen neben den Dialogen zum Ausdruck des Gefühlslebens der Figuren. Und das ist in diesem Film keineswegs nur von tänzelnder Leichtigkeit, sondern mit der ganzen Bandbreite der Emotionen ausgestattet.

Der Film beginnt zunächst mit einer spielerischen Geste: Scheinbar ziellos durchstreift die Kamera ein Pariser Viertel (es ist das 10. Arrondissement), schaut mal hierhin, fängt dann wieder dort eine kleine Szenerie ein – wie ein Flaneur und ohne ein festes Ziel auszumachen widmet sich der Blick den Realitäten des Lebens. Beinahe zufällig heftet sich der Film nach diesem Beginn doch an die Fersen einer bestimmten Person, es könnte aber auch jede andere sein. So ist das eben in Paris, die Geschichten liegen auf der Straße, wie schon Cédric Klapisch mit So ist Paris / Paris zeigte.

Julie (Ludivine Sagnier) und Ismaël (der stets verstrubbelte und auf so ungeheuer charmante Art stets verträumte Louis Garrel) sind schon seit längerem ein Paar, doch die Beziehung ist ein wenig langweilig geworden, es fehlt der Reiz des Neuen. Um frischen Wind in die Liebe zu bringen, haben die beide beschlossen, es mit einer „menage à trois“ zu versuchen. Doch der Einzug von Ismaëls Arbeitskollegin Alice (Clotilde Hesme) bringt einiges an Problemen und Eifersüchteleien mit sich. Mit der Zeit klären sich die Fronten zwar und die beiden kommen einander wieder näher, doch ausgerechnet dann schlägt das Schicksal erbarmungslos zu: Julie stirbt an den Folgen einer Hirnblutung. Ismaël bleibt allein und verzweifelt zurück und muss zusehen, wie er mit seiner Trauer über den Verlust zurechtkommt. Zunächst bleiben alle Versuche, vor allem die von Julies Schwester Jeanne (Chiara Mastroianni), den Verzweifelten wieder zurück ins Leben zu bringen, erfolglos. Wie ein Ertrinkender klammert sich Ismaël an seine Erinnerungen, bis sich dann doch eine unkonventionelle Lösung der Krise durch den jungen Bretonen Erwann (Grégoire Leprince-Ringuet) abzeichnet.

Auch wenn die Chansons aus der Feder von Alex Beaupain der Geschichte manchmal doch einen Hang zum Kitsch und zur Gefühlsduselei verpassen – Christophe Honoré vermeidet auf der Bildebene allzu viel Emotion und verharrt meist in der Haltung eines nahezu ungerührten Erzählers, der seine Geschichte in winterlich triste Farben taucht. Das Ergebnis ist zwiespältig: Einerseits gelingen Honoré und seinen jungen Schauspielern wunderbare Szenen voller Intensität, Mitgefühl und manchmal sogar Magie und im nächsten Moment wieder hinreißende Momentaufnahmen der Wirklichkeit, andererseits wollen sich die Songs nicht so recht in den Fluss der Erzählung einfügen, sie bleiben Fremdkörper und fragmentisieren diesen Film, dem zu dem erklärten Vorbild Jacques Demy noch einiges fehlt. Wer weiß, was aus diesem Film hätte werden können, wenn Honoré mit den Chansons sparsamer umgegangen wäre.
 

Chanson der Liebe (2007)

Dass in französischen Filmen gerne mal ein Ständchen geschmettert wird, ist nun wahrlich nichts Neues. Seit der Einführung des Tonfilms wurden Spielfilme immer mal wieder durch den Einsatz von Schlagern, Operettenmelodien und Chansons aufgefrischt.

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