CaRabA (2019)

Der fiktionale Kinofilm „CaRabA“ zeigt eine Welt ohne Schulen. Fünf junge Menschen finden ihren ganz eigenen Weg in dieser Welt. Phantasievoll untersucht der Coming-of-Age Film, wie das Leben selbst zum fortwährenden Bildungserlebnis wird. Der erste Spielfilm zur Zukunft der Bildung regt an, gemeinsam Visionen zu entwickeln. Die Ausgangsfrage ist: Wann und wo geschieht Bildung eigentlich?

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Roland Gorsleben · 26.05.2020

Der Spielfilm Caraba lädt zum Weiterso ein – nun aber ausgeschlafen!
„Die einen sehen darin eine deprimierende Dystopie, andere eine unrealistische Utopie.“ (die freilerner)
Was in seiner schlichten Bebilderung des Ist-Zustandes der gemütlichen deutschen Gesellschaft dystopisch oder utopisch sein soll, erschließt sich nicht. Weder werden Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse in Frage gestellt noch das kapitalistische System der freien Konkurrenz. Die Hinnahme des Freiheitsstalls als gegeben macht das Hin und Her von Meinungen völlig belanglos.
Aber von wegen „kein Propaganda-Film“ (Joshua Conens), denn was zeigt und belegt der Film tatsächlich:
Die etablierte Herrschaftsform bleibt bestehen, ein Bundesministerium bestimmt weiterhin über Wohl und Wehe und nährt die saudumme Illusion, dass Ämter und Behörden für „die Menschen“ da sind. Freilich wird dann „Außenminister“ ein hohes Ziel persönlicher Karriere. Denn nach wie vor können die Jugendlichen nur sich entscheiden und nichts, was in das Angebotsmenü hineinkommt. Berufe sind die Sachen, wo man etwas machen muss (und sei es, „in Hotels zu übernachten“). Zwangsverhältnisse als die normalen.
Man kann jetzt eben schulfrei den größten Dreck verkaufen: z. B. gefrorenes, gefärbtes, aromatisiertes Zuckerwasser = Eis, man muss wie überall in der Marktwirtschaft mittels gehirnabsaugender Werbung nur genug Idioten finden, an die man das Zeug auch los wird.
Weiterhin wird es bei der ach so freien Bildung ein Patentamt geben, dass die Früchte dieser Bildung bloß nicht Allgemeingut werden, sondern weiter als Widerstand brechende Kampfmittel im Konkurrenzkampf eingesetzt werden können.
Aus einem Autoradio erfahren wir, dass sich eine „Superkoalition aus 5 Parteien“ (früher hieß das in der DDR „Nationale Front“) mit der Gewerkschaft einigt, dem „kleinen Mann“ auf der Straße mehr Geld (als das einzige Lebensmittel – sic!) zukommen zu lassen. Aha, es gibt also noch Klassenunterschiede, ja? Leute die nichts oder wenig haben und sich nach Maßgabe ihrer Herrschaft strecken müssen.
Der Ausweg ist selbstverständlich ein eigenes Unternehmen, ein Startup zu gründen, um im Haifischbecken bei genügend Selbstausbeutung vielleicht an passende Bissen bei der Verwurstung der Welt zu kommen.
Die Hauptfrage bleibt: wird das auch bezahlt? (Ganz so wie ich mir nach der Vereinnahmung der DDR bei jeder Kleinigkeit von Wessis die automatische Frage anhören musste „Was bekommst du dafür?“)
Ja klar, beim Gehalt, wird einem Jungen eingeschärft, nur beim Gehalt muss man aufpassen, dass man nicht betrogen wird – also ist Betrug beim Gehalt die Normalform des gesellschaftlichen Seins.
Und, auch klar, sind Christus-Bilder maßgebende Inhalte „unserer“ Kunst und Kultur. Was Religionen tatsächlich sind – keinen Blassen hat da der Film.
„Die Würde wird verletzt, wenn uns vorgeschrieben wird, wo wir uns aufzuhalten haben.“ Ich lach mich kaputt! Das kleine niedliche Etwas namens Würde, das angeblich übrigbleibt, wenn man Menschen alles materielle genommen hat, sie doppelt frei und willig so gut wie jeden Tag an ihre Ausbeutungsplätze gehen – und ihre „Würde“ mal kurz Dauerurlaub hat. Im Hintergrund RTL-II-Werbung und Lindner von der FDP. Und ein Professor bringt die schöne Formel Ressourcen = Geld.
Aber ganz wichtig und Gesprächsthema ist auch die Wahlbeteiligung in D., schlimm, wenn Regen die Demokratie gefährdet, dann vielleicht die Falschen richtig regieren werden.
Witzig das geschickte Productplacement im Film: Nutella. Die wird’s – als etwas grundgutes – immer geben, so wie Nestle, Kakaoplantagen und abgebrannter Regenwald.
Tja, die großen Fragen im Meinungsblabla: „Wie verändert sich Gesellschaft, wie entstehen neue Werte?“ „Unsere Zeit fordert, dass ich mich selbst auf den Weg mache...“ Yo! Der obdachlose Straßenfeger kann doch auf Arzt studieren, wenn er nur will. Oder sich in Thailand verlieben usw. Braucht ja nicht einsteigen, wenn er Angst vor Fahrkartenkontrolle hat, muss sich nur an die Regeln halten, auf die er keinerlei Einfluss hat.
Na klar, wir brauchen tolle Mobilitätskonzepte (wie zur Kaufhalle, wie zum dann notwendigen Arzt?) für abgehängte Regionen. Aha, überflüssige Menschen, die zu dumm sind, aus plattgemachten Regionen wegzuziehen, wird’s immer geben. Regionen also, an und in denen sich mit Menschen nichts verdienen lässt.
Und dann noch die Sinnerfüllung der höheren Art im aktiven Protest einiger Jugendlicher, diesmal gegen Big Data. Das wird man ja wohl noch dürfen.
Ähnlich wirkungslos beim globalen kapitalistischen Weiterso in der Zerstörung von Mensch und Material wie der Ausstieg aus der Atomkraft wird der Ausstieg aus der Schulpflicht (endlich ausschlafen!) sein. Wo bleibt der Ausstieg aus dem Zwang zum Geldverdienen? Wo bleibt auf dem Arbeitsmarkt die „Vereinigung von Geist und Freiheit“? Frohe Film-Botschaft: das grundgute GG muss doch nur endlich richtig verstanden werden? Von der Herrschaft. Mein Reden: Eigentum verpflichtet. Zu Diebstahl.
Die einzige Utopie im Film ist das Kopfkiossenzerschlitzen samt Federnschmeißen im Schlaflabor (arme ukrainische Putze!). Und das Rausfliegen der BRD aus der NATO – witzig!

Frank · 10.11.2019

Dieses gelungene Meisterwerk greift weit ab vom Mainstream der Unterhaltungsindustrie in die längst überfällige Debatte zur Zukunft unserer Schule ein, indem es Möglichkeiten aufzeigt, ohne aber Lösungen vorzugeben. Dabei werden die Schwierigkeiten, die durch die Freiheit des Lernens entstehen können, keineswegs verheimlicht. Durch seinen augenzwinkernden Humor, mit der die Erlebnisse der Filmhelden gezeigt werden, unterhält der Film auf amüsante und zugleich intelligente Weise.

Niklas · 23.07.2019

Wunderbar, der erste Spielfilm über das in unserer Zeit so wichtige Thema: Freie Bildung und freie Schulen!