Callas Assoluta

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Vom Leben und Mythos der legendären Operndiva

Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Venedig in der Reihe „Orrizonti“ uraufgeführt kommt nun die Dokumentation über das Leben und Wirken einer unvergessenen Opernlegende des französischen Regisseurs Phillipe Kohly in die Kinos. Cecilia Sophia Anna Maria Kalogeropoulos, der Welt unter dem Künstlernamen Maria Callas bekannt, ist noch heute, 30 Jahre nach ihrem Tod, das Sinnbild einer ebenso glamourösen wie tragischen Diva. Um das Phänomen dieser Frau zwischen Ruhm und Niedergang intensiv zu betrachten und in einem vielschichtigen Porträt zu präsentieren, hat Phillipe Kohly mehrere Länder bereist und teilweise noch völlig unbekanntes Material zusammengetragen. In Interviews mit Kollegen und Weggefährten, privaten und öffentlichen Filmaufnahmen, Fotos und Mitschnitten ihrer Auftritte entfalten sich künstlerische wie persönliche Aspekte eines großen Stars, den die Medien glorifiziert wie verrissen haben, jedoch nur allzu gern und zudringlich im Auge behielten, vor allem dann, wenn ein Skandal zu wittern war – und davon gab es im Leben der Maria Callas nicht wenige.
Nicht einfach gestaltet sich die Kindheit der kleinen Maria, die als Tochter griechischer Immigranten mal hier, mal dort recht isoliert in den weniger begehrten Vierteln von New York aufwächst. Ihre ehrgeizige Mutter fördert früh das Gesangstalent des scheuen Mädchens, das zunehmend an Schulaufführungen und Wettbewerben teilnimmt. Als sie mit 13 Jahren gemeinsam mit Mutter und Schwester nach Griechenland zurückkehrt, wird das Singen zu ihrer Zuflucht, da sie kaum die Sprache beherrscht und in den Pubertätsjahren, die durch ein gewaltiges Pensum an Musikunterricht und Essstörungen bestimmt werden, noch stärker vereinsamt, während ihr Talent und die harte Arbeit daran ihr ein Stipendium am Athener Konservatorium eintragen – der Beginn einer großen Karriere, die allerdings noch einige Umwege bereithält, bevor sie als klingender Stern am Opernhimmel aufgeht.

Als 1941 die Nationalsozialisten Athen besetzen, erhält Maria ihre erste Hauptrolle in der Oper „Tosca“ von Giacomo Puccini, doch 1944 nach der Befreiung von den Deutschen trägt ihr diese politisch brisante Zusammenarbeit mit den Besatzern, die das kulturelle Leben dominierten, ein Berufsverbot ein. So kehrt die junge Frau zu ihrem Vater nach New York zurück, wo sie wenig erfolgreich ist, was sich erst durch die Bekanntschaft mit dem vermögenden Opernfan Battista Meneghini ändert, der zu ihrem Manager, Geliebten und späteren Ehemann avanciert. Als sie für die Hauptrolle in der Oper „Norma“ von Vincenzo Bellini nach Florenz engagiert wird, ist das der Auftakt eines grandiosen Erfolgs beim italienischen Publikum, der sich in den folgenden Jahren auf die ganze Opernwelt ausdehnen wird, bis sich die ersten stimmlichen Schwierigkeiten einstellen und die ausverkauften Konzerte abgesagt werden müssen – und doch wird Maria Callas noch einige Male mit ihrem Gesang die Besucher der Opernhäuser triumphierend verzaubern.

So vielschichtig und turbulent wie ihre Karriere ereignete sich auch die private Existenz der Operndiva, der der Tod ihres gerade geborenen Säuglings und eine überwiegend unglückliche Verbindung zum berühmt-berüchtigten Reeder Aristoteles Onassis das Herz zerrissen, und die im Alter von 53 Jahren an einer Lungenembolie in Paris verstarb. Callas Assoluta nähert sich der schicksalsschweren Lebensgeschichte der Künstlerin aus der Perspektive der Callas selbst, was dem Film, der im französischen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt wird, trotz des umfangreichen Archivmaterials aus den unterschiedlichsten Quellen eine sehr einheitliche und persönliche Ausrichtung verleiht. Es geht dem Filmemacher, der bereits Erfahrungen mit einigen Dokumentationen für das französische Fersehen gesammelt hat, weniger um das Enthüllen spektakulärer neuer Erkenntnisse über die Callas, als vielmehr um die Wertschätzung einer einmaligen Stimme und ein komplexes Verständnis für die zerbrechliche, leidenschaftliche Frau hinter dem Mythos der Diva – so weit das überhaupt möglich ist.

Callas Assoluta

Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Venedig in der Reihe „Orrizonti“ uraufgeführt kommt nun die Dokumentation über das Leben und Wirken einer unvergessenen Opernlegende des französischen Regisseurs Phillipe Kohly in die Kinos.
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