Bridge of Spies: Der Unterhändler (2015)

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Anschwellender Verfassungspatriotismus

Anders als die veröffentlichte Meinung in den USA vielfach glaubt, hat Steven Spielberg mit Bridge of Spies – Der Unterhändler wahrscheinlich kein Meisterwerk geschaffen. Gäbe es aber einen Preis für die beste Anfangssequenz eines Films, würde Hollywoods einstiges Wunderkind ihn in diesem Jahr bestimmt gewinnen. Sein neuester Film bietet eine schöne Abwechslung zu der weitverbreiteten Masche, die letzten drei Minuten so aufregend zu gestalten, dass sie den grottigen Rest vergessen lassen. Dabei bewahrt Spielbergs Spionagedrama aus dem Kalten Krieg durchaus solides Niveau frei von Langeweile. Aber die ersten zehn Minuten stellen die folgenden mehr als zwei Stunden eben weit in den Schatten.

Zur Geräuschkulisse von U-Bahn-Verkehr unterrichtet eine Schrifttafel auf schwarzem Grund darüber, dass 1957 den Höhepunkt des Kalten Krieges zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion markierte – mit Spionen in beiden Ländern, die gejagt wurden. Aufblende auf einen bebrillten älteren Herrn, der das Publikum seltsam streng im Halbprofil anblickt. Das kommt daher, dass er, wie man sieht, als Janusz Kaminski die Kamera zurückzieht, in einen Spiegel schaut. Und daneben eine Staffelei mit einem Selbstporträt stehen hat. Das Telefon klingelt. Der Mann erhebt sich gemächlich, durchquert einen Raum voller Gerümpel und nimmt den Hörer ab. Er hört stumm hinein.
Mit der eingepackten Staffelei unterm Arm verlässt er das Gebäude, in dem er sich befand, steht in Brooklyn, New York, auf der Straße, blickt sich um, geht in Richtung U-Bahn. Andere Männer in Anzügen bewegen sich mit ihm. Oder ist das eine Täuschung? In der vollen U-Bahn sitzt der Maler ganz still auf seinem Platz. Steht nicht einer der Herren von vorhin jetzt da im Gedränge? So genau lässt sich das nicht sagen. Auch nicht, ob nicht ein anderer sich die Sehachsen nach dem Maler verbiegt, während er Zeitung liest. Die Türen gehen auf, der Maler wird mit den Menschenmassen hinausgespült. Einige Männer wollen ihm nach. Doch die Menschenmassen bekommen noch Zuflüsse auf dem Bahnsteig und die Verfolger des Malers – denn das sind sie wohl – kämpfen wie gegen Wellenberge an.

Eine Weile geht es noch so weiter mit diesem herrlichen puren Kino, das mit der Undurchschaubarkeit der gezeigten Vorgänge allein Gänsehaut verursacht und alle James-Bond-Regisseure mit Ausnahme von Terence Young vor Neid erblassen lassen sollte. Doch dann ist nichts mehr wie bei Bressons Pickpocket, sondern alles wie immer bei Spielberg, mit Tom Hanks als aufrechtem Amerikaner, der die Welt rettet. Diesmal in Gestalt des Anwalts James Donovan, den das Drehbuch für die Courage, den Sowjetspion Rudolf Abel (Mark Rylance) vor Gericht zu verteidigen, mit Ruhm und Ehre für einen wichtigen Gefangenenaustausch im geteilten Berlin belohnt, der Weltgeschichte macht. Hätten nicht die Coen-Brüder ein paar stoisch-skurrile Sätze für Mark Rylance geschrieben, es wäre nur noch anschwellender amerikanischer Verfassungspatriotismus zu sehen und zu hören.
 

Bridge of Spies: Der Unterhändler (2015)

Anders als die veröffentlichte Meinung in den USA vielfach glaubt, hat Steven Spielberg mit „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ wahrscheinlich kein Meisterwerk geschaffen. Gäbe es aber einen Preis für die beste Anfangssequenz eines Films, würde Hollywoods einstiges Wunderkind ihn in diesem Jahr bestimmt gewinnen. Sein neuester Film bietet eine schöne Abwechslung zu der weitverbreiteten Masche, die letzten drei Minuten so aufregend zu gestalten, dass sie den grottigen Rest vergessen lassen.

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Meinungen

Anett · 20.01.2016

Der Film hat mir sehr gut in allem gefallen und bekommt drei Likes von mir! ;-)
Persönlich kann ich diesen Film nur empfehlen anzuschauen.

wagner · 30.12.2015

einfach langweilig und in der Länge gezogen