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Der Schrecken ist noch nicht vorbei! In „Brahms: The Boy II“ fällt die titelgebende Gruselpuppe nun einer Familie in die Hände. Kann Regisseur William Brent Bell noch einmal für effektive Gänsehautstimmung sorgen?

 

Brahms: The Boy II (2020)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Gefährlicher neuer Freund

Unheimliche Puppen sind im Horrorkino schon lange populär. Regisseur William Brent Bell („Wer – Das Biest in dir“, 2013) und Drehbuchautor Stacey Menear griffen folglich in ihrem 2016 veröffentlichten Schauerstück „The Boy“ altbekannte Muster auf und legten einen inhaltlich wenig originellen Film vor. Die darin aufgebaute Gruselatmosphäre konnte sich allerdings sehen lassen und wurde erst im letzten Drittel von einem kruden Twist und einer trashig anmutenden Zuspitzung verdrängt. Unter dem Strich stand ein solider Horrorstreifen, der nach seinem Start mehr als das Sechsfache seiner Produktionskosten einspielte – und sich damit für eine in den letzten Bildern bereits angedeutete Fortsetzung empfahl.

Stand in The Boy noch eine US-amerikanische Nanny im Mittelpunkt, die in England Bekanntschaft mit der titelgebenden Porzellanpuppe machte, dreht sich der abermals von Bell inszenierte und von Menear zu Papier gebrachte Nachfolger um ein neues Protagonisten-Trio: Als Liza (Katie Holmes) in Abwesenheit ihres beruflich schwer beschäftigten Gatten Sean (Owain Yeoman) von Einbrechern zusammengeschlagen wird und fast ums Leben kommt, hat dieser Vorfall nicht nur für sie dramatische Folgen. Während ihre Angstgefühle fortan ständige Begleiter sind, stellt ihr nachhaltig erschütterter Sohn Jude (Christopher Convery), der den brutalen Überfall hilflos mitansehen musste, nach der schlimmen Erfahrung das Sprechen ein.

 

Wie so oft in einem Horrorfilm soll ein Umzug aufs Land die seelischen Wunden verschließen und frische Kräfte freisetzen. Mit Kind und Mann verschlägt es Liza ausgerechnet in das Gästehaus des aus Teil eins bekannten Heelshire-Anwesens, wo sich einige Jahre zuvor grausame Dinge ereignet haben. Bei einem ersten Spaziergang über das weitläufige Grundstück findet Jude die im Waldboden vergrabene Puppe, die schon im Vorgänger für handfestes Unbehagen sorgte. Der auf den Namen Brahms hörende Spielkamerad aus Porzellan scheint dem noch immer schweigenden Jungen langsam wieder etwas Sicherheit zu geben. Gleichzeitig wird Liza allerdings das Gefühl nicht los, dass der ungewöhnliche neue Freund einen gefährlichen Einfluss auf ihren Sohn ausübt.

 

Anders als noch im ersten Kapitel, das direkt mit der Ankunft der Nanny im Heelshire-Haupthaus begann, nimmt sich Brahms: The Boy II etwas Zeit, um die handelnden Figuren kurz vorzustellen. Der in London spielende Prolog deutet an, dass hier auch von den Auswirkungen eines schwerwiegenden Traumas erzählt werden soll. Besonders viel Feingefühl zeigen die Macher im weiteren Verlauf jedoch nicht. Der wiederholte Einsatz von Albträumen illustriert zwar Lizas tiefsitzende Verunsicherung, dient aber vor allem dazu, das Publikum aufzuschrecken. Setzten Bell und Menear in The Boy eine ganze Weile auf eine klassische, auf leisen Sohlen daherkommende Gruselstimmung, packen sie im Sequel vermehrt den Vorschlaghammer aus. Krachende, dem Zuschauer ins Gesicht springende Schockeffekte sind wahrlich keine Seltenheit und nutzen sich auf Dauer ab.

 

Dass es auch anders geht, beweisen einige unheilvolle Kamerafahrten und schaurige Momente wie Lizas Erkundungstour durch die inzwischen heruntergekommene Heelshire-Villa. Für leichte Verstörung sorgt sicherlich auch Judes wachsende Identifikation mit und Abhängigkeit von seinem neuen Begleiter Brahms, dessen Kleidungsstil er beispielsweise irgendwann übernimmt. Gelungene Ansätze sind vorhanden. Die brachialen Buh-Attacken und die lieblos heruntergeleierte, die Hintergründe der Puppe platt erweiternde Handlung torpedieren allerdings massiv die Bereitschaft mitzufiebern. Wenn im letzten Akt plötzlich neue Figuren auftauchen, die einzig und allein als Eskalationskatalysatoren fungieren, offenbart sich endgültig die Einfallslosigkeit des Drehbuchs. Ähnlich wie im ersten Film gerät der Showdown dann eher unfreiwillig komisch als spannend und furchteinflößend.

Brahms: The Boy II (2020)

Als eine Familie neu in das Anwesen Heelshire Mansion einzieht, freundet sich der Sohn mit einer lebensechten Puppe namens Brahms an. doch die führt ein recht bizarres Eigenleben.

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