Bonjour Sagan

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Misslungene Biographie einer Skandalautorin

„Ich zögere, diesem fremden Gefühl, dessen sanfter Schmerz mich bedrückt, seinen schönen und ernsten Namen zu geben: Traurigkeit.“ Mit diesen Worten begann eine literarische Weltkarriere, die im Alter von 18 Jahren begann und die ihre Autorin durch alle Höhen und Tiefen, durch frühen Reichtum, durch Ruhm und ein schnelles, verschwenderisches Leben bis hin zum einsamen Tod im Alter von 69 Jahren führte. Françoise Sagan war so etwas wie einer der literarischen Superstars in Charles de Gaulles fünfter Republik. Und damit geradezu prädestiniert für eine Verfilmung ihres Lebens. Diane Kurys (Das Liebesdrama von Venedig — George Sand und Alfred de Musset / Les enfants du siècle, Frankreich 1999) hat dem schnellen Leben der Sagan zwischen literarischem Ruhm und exzessiver Lebensführung nun einen Film gewidmet. Doch das Unternehmen einer stimmigen Verfilmung des aufregenden Lebens der Sagan mag nicht so recht gelingen – trotz Sylvie Testuds eindringlichen Spiels und der großen Ähnlichkeit der Darstellerin mit der Porträtierten.
Françoise Quoirez (Sylvie Testud), die sich später den Künstlernamen Sagan geben wird (der Herzog von Sagan, von dem sie sich den Namen entlieh, ist übrigens eine Figur aus einem Roman von Marcel Proust), schreibt im zarten Alter von siebzehn Jahren einen Roman, der wenig später zu einem echten literarischen Skandal werden wird, der sich mehr als 30 Millionen Mal verkauft. Der Name des Buches, das 1954 veröffentlicht wurde – Bonjour Tristesse. Doch der schnelle Erfolg über Nacht wird für die Autorin zu einer lebenslangen Bürde. Fortan rennt sie dem Ruf des literarischen Wunderkindes hinterher, umgibt sich mit falschen Freunden, wirft mit Geld nur so um sich und wird nach einem schweren Autounfall zuerst morphium-, dann kokainabhängig. Und trotz weiterer erfolgreicher Bücher wie In einem Monat, in einem Jahr / Dans un mois, dans un an (1956), Lieben Sie Brahms / Aimez-vous Brahms? (1959) und unzähligen weiteren Werken findet die Autorin keine Ruhe mehr, keinen Halt, so dass sie am Ende einsam und völlig verarmt stirbt.

Wer das Leben der Sagan nicht genau kennt, kann mit vielen der Andeutungen, die Diane Kurys einstreut, nichts anfangen. So wird beispielsweise die Elf Aquitaine Affäre, in die die Schriftstellerin verwickelt war und wofür sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, lediglich in einem Nebensatz erwähnt. Welche Hintergründe und Auswirkungen dies hatte, erfährt der Zuschauer nicht. Und leider ist diese Episode kein Einzelfall. So unvermittelt, wie der Film einsetzt, so plötzlich springt Kurys in ihrer Erzählung um Jahre vor und wird so der Persönlichkeitsentwicklung der Autorin kaum je gerecht. Was die junge Frau im Alter von 18 Jahren bewog, einen Roman zu schreiben, wie sich ihr Leben veränderte, was die Gründe für ihre tiefe Melancholie waren – das alles kann man im besten Fall erahnen. Zumal wichtige Menschen in ihrem Leben erstaunlich wenig Platz einnehmen – wie etwa ihr Sohn – dessen Existenz sich im Wesentlichen auf die Geburt und eine finale Konfrontation beschränkt. Warum die Sagan eine schlechte Mutter war und wie sich dies auf sie und ihren Sohn auswirkte, wird in keinem Moment wirklich schlüssig.

Am wenigsten liegt dieses Manko an Sylvie Testud, die sich nach Kräften müht und der Sagan zumindest oberflächlich und von der Physis her erstaunlich nahe kommt. Dies und die Off-Passagen aus Sagans Autobiographie sind allerdings die einzigen Elemente, in denen man sich der Autorin wirklich nahe fühlt. Ihre Grabinschrift, die sie selbst verfasste, steht am Ende dieses Films und lässt neben aller Melancholie und Lebensgier sowie –müdigkeit ein wenig von einer ganz anderen Francoise Sagan ahnen – einer Frau voller grimmigem Humor, denn dort steht zu lesen: „Sagan, Françoise trat 1954 ins Rampenlicht mit einem kleinen Roman Bonjour Tristesse, der ein weltweiter Skandal war. Ihr Ableben, nach einem ebenso angenehmen wie verpfuschten Leben und Werk, war nur für sie selbst ein Skandal.“

Ein Skandal ist dieser Film nicht geworden, dafür dringt er zu wenig unter die Oberfläche vor und vermittelt abgesehen von Interieurs, Kostümen und stimmigen Requisiten kaum etwas über das Lebensgefühl der Zeit und das Denken und Fühlen der Schriftstellerin. Eine gelungene filmische Biographie und eine würdige Huldigung an diese große Autorin sehen jedenfalls anders aus.

Bonjour Sagan

„Ich zögere, diesem fremden Gefühl, dessen sanfter Schmerz mich bedrückt, seinen schönen und ernsten Namen zu geben: Traurigkeit.“
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Meinungen

Liam · 14.01.2009

Ein durchwegs schlechtgemachter Film....

Tobi · 03.01.2009

Na ja, die vorliegende Kinofassung ist auch nicht besonders - zumal über eine Stunde daraus geschnitten wurden - "Bonjour Sagan" war nämlich ursprünglich ein TV-Zweiteiler von insgesamt 180 Minuten.

Kein Wunder also, dass alles so rastlos und voller Löcher wirkt.

An der darstellerischen Leistung von Sylvie Testud gibt es indes keinen Zweifel - sie ist großartig!

· 01.01.2009

Oder der Film ist einfach nicht so gut? Könnte doch auch sein ...

· 15.12.2008

na, hier wird doch ein Film gemobt.