Biester (1995)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Der diskrete Charme der Bourgeoisie

Für die Bourgeoisie geht es bei Claude Chabrol selten gut aus. In Biester inszeniert der französische Hitchcock einen Krimi der Britin Ruth Rendell als Klassenkampf in der Bretagne, der in seiner schonungslosen Konsequenz jedoch nicht völlig überzeugt.

Auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber kommt das Dienstmädchen Sophie (Sandrine Bonnaire) bei der wohlhabenden Familie Lelievre unter. Auf einem abgelegenen Anwesen nahe der bretonischen Küste kümmert sie sich um den Haushalt der Familie, zu der neben Georges Lelievre (Jean-Pierre Cassel) dessen zweite Frau Catherine (Jaqueline Bisset), seine Tochter Melinda (Virginie Ledoyen) und Catherines Sohn Gilles (Valentin Merlet) gehören. In der Stadt findet die schüchterne Sophie in der quirligen Postangestellten Jeanne (Isabelle Huppert) eine Freundin, die im Hause Lelievre jedoch nicht gerne gesehen ist. Das Misstrauen der Familie gegenüber Sophie wächst, je intensiver Sophies Beziehung zu Jeanne wird und je stärker beider Vergangenheit und ein wohl gehütetes Geheimnis in den Vordergrund drängen.

Im Bonusmaterial der DVD bezeichnet der 2010 verstorbene Chabrol Biester scherzhaft als „letzten marxistischen Film“. Tatsächlich setzt der Regisseur Biester, der sich lange Zeit nicht für eine Richtung entscheidet, als Gegenüberstellung zweier Klassen in Szene. Was als harmlose Mischung aus Sozialstudie und Psychogramm beginnt, endet in einem Drama mit radikalem Schlusspunkt. Die Wende erfolgt jedoch so abrupt, dass der Zuschauer diese dem Film trotz aller symbolischer Überhöhung nur schwer abnimmt.

„Es heißt, wenn man seine Gedanken erklärt, sind es keine Gedanken mehr“, sagt Chabrol im Bonusmaterial. Dementsprechend ist Biester frei von verbalen Einsichten ins Innenleben seiner Protagonisten. Was für ihn zählt, sind Gesten, Blicke und Details. Diese reichen letztlich aber nicht aus, Sophies und Jeannes Handlungen schlüssig zu motivieren. Was bleibt, ist eine beeindruckende Ensembleleistung, in der vor allem die vier Frauen, von der jede für eine andere Schauspielgeneration des französischen Kinos steht, herausragen.
 

Biester (1995)

Für die Bourgeoisie geht es bei Claude Chabrol selten gut aus. In „Biester“ inszeniert der französische Hitchcock einen Krimi der Britin Ruth Rendell als Klassenkampf in der Bretagne, der in seiner schonungslosen Konsequenz jedoch nicht völlig überzeugt.

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