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Nach vielen Jahren und einer langen Blockade hat Peter Hedges wieder eine Familiengeschichte geschrieben, die es in sich hat. „Ben is back“ ist ein intensives Filmerlebnis, das deutlich macht, wie viel Angst Liebe machen kann.

Ben is Back (2018)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

24 Stunden Angst

Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, … Eltern machen sich wohl immer Sorgen um den Nachwuchs: Babys schreien, Kleinkinder fallen hin, Schulkinder werden gemobbt. Und auch wenn die Kinder schon erwachsen und groß genug sind – als Eltern behält man doch immer noch ein Stück Verantwortung, weil man sie liebt, vielleicht auch weil man nicht loslassen kann. Wie schwierig und kräftezehrend das bisweilen sein kann, zeigt „Ben is back“ von Peter Hedges in seinen Extremen.

Holly Burns (Julia Roberts) liebt ihre Patchwork-Familie über alles: Die beiden Kinder aus einer ersten Verbindung, Ben (Lucas Hedges) und Ivy (Kathryn Newton), sind schon junge Erwachsene, mit Neal (Courtney B. Vance) hat Holly noch einmal zwei Kinder bekommen, die noch kleine Schulkinder sind. Sie leben zusammen in einem gemütlichen Haus am Stadtrand. Ben allerdings macht gerade eine Entziehungskur, und in diesen Weihnachtsferien soll er in der Klinik bleiben, um sein Drogenproblem endlich in den Griff zu bekommen.

Als der 19-Jährige dann an Heiligabend doch unverhofft vor der Tür steht, weiß Holly nicht so recht, ob das gut ist. Ihre erste Reaktion ist euphorische Freude: Natürlich freut sie sich, dass an Weihnachten die ganze Familie beisammen ist und dass sie ihren ältesten Sohn endlich wieder in die Arme schließen kann. Andererseits aber räumt sie blitzschnell alle Medikamente weg, versteckt ihren Schmuck und alles, was Wert hat und für einen Rausch verhökert werden kann. Nur zu gut weiß sie, dass Ben schnell rückfällig und das Weihnachtsfest ein ähnliches Drama werden kann wie im vergangenen Jahr. Ivy und Neal sind alarmbereit und würden Ben am liebsten sofort wieder in die Klinik fahren, doch Holly will ihm noch eine Chance geben.

Ben is back begleitet die Familie über 24 Stunden und konzentriert sich vor allem auf die Perspektive von Holly. Er zeigt sie in schwierigen Entscheidungen, bei Fehlern, während Wutausbrüchen, in zitternder Angst um ihren Sohn und in der Resignation vor dessen Suchtproblem. Dabei wirkt der Film nie übertrieben, Julia Roberts als Charakter nie flach oder einseitig. Großartig und mit kleinsten Regungen im Spiel verkörpert sie die Figur der vierfachen Mutter, die zur Folie wird für alle Eltern-Kind-Geschichten: Was alles passieren kann, welche Furcht die Verantwortung mit sich bringt, dass man die Verantwortung aber auch in keiner noch so erschöpften, resignierten oder frustrierten Situation abstreifen und sein Kind einfach machen lassen kann.

Peter Hedges hat schon einige ungewöhnliche Familiengeschichten geschrieben, darunter Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa und die Nick-Hornby-Adaption About a boy. So intensiv wie Ben is back ist aber vielleicht keine. Die Premiere auf dem Filmfestival in Toronto wurde von der Kritik gefeiert, der Film nach einer langen Pause und großen Schreibblockaden als Hedges‘ Comeback aufgefasst.

Der Film selbst ist eine kleine Familiengeschichte, denn die Hauptrolle des Ben wird von Hedges‘ Sohn Lucas gespielt, einem im Moment angesagten Newcomer in Hollywood (Manchester by the Sea, Lady Bird, Three Billboards Outside Ebbing, Missouri). Die Vorbehalte bei Vater und Sohn gegen den gemeinsamen Dreh waren groß; sie wollten eigentlich keinen Film mehr gemeinsam machen. Julia Roberts schließlich konnte sich aber keinen besseren Darsteller für ihren Filmsohn vorstellen, und ja: Lucas Hedges spielt sie hervorragend, die zwiegespaltene Rolle des Jungen, der einerseits nicht von den Stoffen lassen kann, die ihn süchtig gemacht haben, und andererseits seine Familie über alles liebt und ihr niemals wieder weh tun möchte. Auch deshalb: Unbedingt anschauen!

Ben is Back (2018)

Eigentlich ist die Heimkehr des eigenen Kindes zu Weihnachten ja ein freudiges Ereignis. Doch als der verwirrte und drogenabhängige Ben zu diesem Anlass in den schoß der Familie zurückkehrt, sorgt das für einige Spannungen und seine Mutter Holly hat alle Hände voll zu tun, dass das Ganze nicht in einer Katastrophe endet.

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